Positionen der sozial orientierten Wohnungswirtschaft zur Bundestagswahl 2025

Gesellschaftlichen Zusammenhalt langfristig sichern – Bezahlbares Wohnen und Transformation ermöglichen!

Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig muss die klima- und altersgerechte Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Nur so wird Deutschland ein Land mit den richtigen Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Gerechtigkeit bleiben.

In einem zentralen Lebensbereich kristallisieren sich die Ängste und Sorgen der Menschen dabei ganz besonders: beim Wohnen. Wenn die Leistbarkeit der Wohnung auf dem Spiel steht und wenn kaum noch neuer Wohnraum entsteht, dann sind tiefe Verunsicherung und politischer Vertrauensverlust die unausweichliche Folge. Der dringende Handlungsbedarf bei der häufig als „soziale Frage unserer Zeit“ bezeichneten Wohnkrise ist seit Jahren klar – doch durchgreifende politische
Lösungen bleiben Fehlanzeige.

Sowohl für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen als auch für die Mieterinnen und Mieter – und damit fast zwei Drittel der Haushalte in Deutschland – spitzt sich die Lage immer weiter zu. Der klima- und altersgerechte Umbau der bestehenden Wohnungen sowie die Bekämpfung des Wohnungsmangels durch Neubau müssen bewältigt werden. Doch während Kosten und Vorgaben steigen, befinden sich die notwendige Sanierung des Wohnungsbestands und der Bau neuer Wohnungen im Sinkflug. Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen sind in der aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage, die geforderten, enorm hohen
Investitionen zu tätigen. Sie dürfen gemeinsam mit ihren Mieterinnen und Mietern dabei von der Politik nicht alleingelassen werden.

Die Wohnstrategie der Wohnungswirtschaft mit Einzelforderungen werden im Folgenden kurz skizziert.

1. Sozial orientierte Wohnungsunternehmen stärken

Sozial orientierte Wohnungsunternehmen bieten bezahlbare Mieten, die deutlich unter dem Marktdurchschnitt liegen, und tragen damit wesentlich zum sozialen Frieden bei. Damit diese Unternehmen auch künftig handlungsfähig bleiben, fordert die Wohnungswirtschaft stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen und die Einführung langfristiger und verlässlicher Förderprogramme, die gezielt auf die Bedürfnisse der sozial orientierten Wohnungsunternehmen zugeschnitten sind.

2. Wohnungsbestand: Transformation durch klima- und generationengerechten Umbau wirtschaftlich ermöglichen

Der klima- und generationengerechte Umbau des Wohnungsbestands ist eine zentrale Aufgabe, die wirtschaftlich jedoch oft schwer tragbar ist. Die Wohnungswirtschaft fordert deshalb eine Priorisierung kosteneffizienter CO2-Reduktionen, indem erneuerbare Energien gefördert und übermäßige Anforderungen an die Gebäudestandards vermieden werden. Ein „Wärmewendegesetz“, das Quartierslösungen und den Ausbau der Fernwärme priorisiert, könnte entscheidende Fortschritte ermöglichen.

Genehmigungsverfahren für Geothermie und andere klimafreundliche Technologien müssen vereinfacht werden. Darüber hinaus ist eine stärkere Digitalisierung erforderlich, um den Energieverbrauch effizient zu steuern, und die Anpassung der EU-Vorgaben an die Realität, insbesondere durch einen „Worst-first“-Ansatz, der auf die Sanierung der am wenigsten effizienten Gebäude abzielt.

3. Wohnungsneubau: Wirtschaftlicher Fortschritt und sozialer Zusammenhalt gehen nur mit mehr Wohnraum

Der Wohnungsmangel in Deutschland ist dramatisch und gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in Ballungsräumen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, fordert die Wohnungswirtschaft eine dritte Fördersäule für bezahlbaren Wohnraum, der Mietobergrenzen zwischen 8 und 10 Euro pro Quadratmeter vorsieht. Gleichzeitig müssen Bauvorschriften gelockert werden, etwa durch flexible Standards für Schallschutz, Barrierefreiheit und den Verzicht auf Keller in bestimmten Gebäudetypen. Darüber hinaus soll der Wohnungsneubau als „überragendes öffentliches Interesse“ anerkannt werden, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Zinsgünstige Kredite und steuerliche Anreize sollen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Bau neuer Wohnungen verbessern.

4. Lösung der gigantischen Aufgaben muss bezahlt werden können

Die Investitionen in Klimaschutz, generationengerechten Umbau und Neubau können nicht allein durch Mieteinnahmen und staatliche Zuschüsse gedeckt werden. Die Wohnungswirtschaft fordert daher die Dynamisierung des Wohngelds sowie die Einführung einer echten Klimakomponente, die Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen gezielt entlastet. Zugleich müssen Vorgaben wie der verpflichtende Eigenkapitalpuffer abgeschafft werden, da sie Investitionen in den Wohnungsbau unnötig verteuern. Berichtspflichten, die derzeit erhebliche Kapazitäten in den Wohnungsunternehmen binden, sollten drastisch reduziert werden. Die EU-Taxonomie sollte überarbeitet werden, um energetische Sanierungen realistischer und wirtschaftlich tragfähiger zu gestalten.

5. Stadtentwicklung und Regionen stärken, um sozialen Zusammenhalt zu ermöglichen

Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land erfordert gezielte Investitionen in strukturschwache Regionen und urbanen Wohnungsbau. Die Wohnungswirtschaft fordert eine Aufstockung der Städtebauförderung auf 1,5 Milliarden Euro jährlich, um städtebauliche Missstände zu beseitigen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gleichzeitig sollte die Umnutzung von Brachflächen durch finanzielle Unterstützung der Kommunen erleichtert werden, insbesondere bei der Sanierung kontaminierter Flächen. Die Integration von Wohnungsbau in industrielle Großprojekte ist ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt. Quartiersmanagement und ehrenamtliche Tätigkeiten spielen eine Schlüsselrolle für den sozialen Zusammenhalt und müssen durch professionelle Strukturen und zusätzliche Fördermittel gestärkt werden.

6. Was zu vermeiden ist

Die Handlungsspielräume der Wohnungsunternehmen dürfen nicht durch zusätzliche Regulierungen weiter eingeschränkt werden. Die Wohnungswirtschaft fordert, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht weiter verschärft wird, stattdessen ist es erforderlich, die GEG-Systematik weiterzuentwickeln – weg vom reinen Effizienzgedanken, hin zu einer Systematik des CO2-Verbrauchs im Lebenszyklus. Die Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) in nationales Recht darf keine Belastung enthalten, die über die vereinbarte Richtlinie hinausgeht. Insbesondere darf es in keinem Fall eine Sanierungsverpflichtung mit verengtem Blick auf Einzelgebäude geben statt eines sinnvollen Einbeziehens ganzer Wohnquartiere in eine zukunftsfähige und kostengünstigere CO2-arme Energieversorgungsstrategie. Sämtliche Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Treibhausgasminderung sind als Sanierungen anzuerkennen, damit das Klimaziel finanzierbar bleibt. Dazu zählen insbesondere kostengünstige digitale Lösungen im Energie- und Heizungsmanagement.

Im Mietrecht darf es keine weiteren Verschärfungen geben, wenn die ambitionierten, politisch und gesellschaftlich geforderten Ziele von Klimaschutz, Generationengerechtigkeit und Wohnungsbau erreicht werden sollen. Eine stärkere Berücksichtigung des Einkommens bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Belastung der Vermieterinnen und Vermieter ist dabei – auch verfassungsrechtlich – geboten.

Um die Kapazitäten der Wohnungsunternehmen nicht weiter zu belasten, ist zudem auf die Einführung neuer Berichtspflichten zu verzichten.

Fazit: Lösungsansatz der Wohnungswirtschaft

Die beschriebene kritische Entwicklung rund um das Thema Wohnen und sozialen Zusammenhalt belegt unmissverständlich, dass die politischen Bemühungen der vergangenen Jahre bei Weitem nicht ausreichen. Deutschland braucht eine glasklare Wohnstrategie, in die alle relevanten Ressorts in Bund, Ländern und Kommunen einzahlen müssen. Diese bundesweite Wohnstrategie sollte drei zentrale Schwerpunkte umsetzen:

  • Wohnungsbestand: Transformation ermöglichen
  • Wohnungsneubau: Mehr Wohnraum ermöglichen
  • Finanzierung: Hohe geforderte Investitionen ermöglichen

Die Zusammenfassung des GdW-Positionspapiers erfolgte mit Unterstützung von ChatGPT.

Das ausführliche Positionspapier der Wohnungswirtschaft finden Sie hier:

Positionspapier

3 Fragen zur Wohnungspolitik

Wir haben wir vier bayerische Bundestagsabgeordnete nach den wohnungspolitischen Positionen ihrer Parteien für die Bundestageswahl 2025 befragt.

Michael Kießling, MdB
CSU

Deutschland ist in der Baukrise. Wohnen bleibt die soziale Frage unserer Zeit. Wie kann der Wohnungsbau wieder angeschoben werden?

Die Lage in der Bauwirtschaft hat in den letzten drei Jahren dramatische Züge angenommen. Baugenehmigungszahlen brechen flächendeckend ein, die Auftragsbücher laufen leer und Projekte werden reihenweise storniert. Und das wirkt sich unmittelbar auf den Wohnungsmarkt und die Suche nach bezahlbarem Wohnraum aus. Deshalb muss eine künftige Bundesregierung alle verfügbaren Optionen ziehen, um Deutschland aus dieser Baukrise zu führen. Und dazu gehört für mich ein Dreiklang aus steuerlichen Anreizen, auskömmlichen Förderungen und einer gezielten Senkung der Baukosten. Außerdem muss von der Politik wieder ein klares Signal der Verlässlichkeit ausgehen, denn nichts schadet der Investitionsbereitschaft mehr als sich ständig ändernde Rahmenbedingungen.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leiden vor allem unter den hohen Baukosten. Was sind Ihre Pläne für die Wohnraumförderung und die Begrenzung der Baupreise?

Bauen muss für alle – allen voran für sozial orientierte Wohnungsunternehmen – bezahlbar sein, was aktuell jedoch nicht der Fall ist. Zahlreiche Gesetze haben ein ökonomisch sinnvolles Maß an Regulierung überschritten. So verursachen die von der Ampel eingeführten technischen Anforderungen, wie der Förderstandard Effizienzhaus (EH) 40 für den Neubau, erhebliche finanzielle Mehrkosten, ohne einen signifikanten Mehrwert für das Klima zu bringen. Diese staatliche Kostenspirale muss aufgebrochen werden und deshalb setzen wir uns für eine Rückkehr zum ökonomisch sowie ökologisch sinnvollen Standard EH 55 ein. Zudem müssen weitere Schritte folgen, wie die Vereinfachung bauordnungsrechtlicher Standards, Sonderabschreibungen für den sozialen Wohnungsbau sowie der Verzicht auf weitere preistreibende Regulierungen.

Beim Klimaschutz steht die Wohnungswirtschaft vor einer Mammutaufgabe. Die Sanierungsquoten im Wohnungsbestand müssen deutlich erhöht werden. Welche Ansätze haben Sie hier?

Der Transformationsprozess des Gebäudebestands ist eine enorme Herausforderung, da er nachhaltig und auch bezahlbar sein soll. Deshalb muss diese Aufgabe auch gemeinsam mit allen Beteiligten gelöst werden – aber nicht mit Verboten und Verschärfungen, sondern durch Entlastung und Förderung. Das bedeutet, dass die bestehenden Anforderungen an die Sanierung, wie beispielsweise der Standard EH 70 im Förderprogramm „Jung kauft Alt“, abgesenkt und die steuerlichen Förderungen ausgeweitet werden müssen. Nur so können wir zu Investitionen auf Seiten der Eigentümer motivieren und zudem ökologische, ökonomische und auch soziale Aspekte in Einklang bringen.

Daniel Föst, MdB
FDP

Deutschland ist in der Baukrise. Wohnen bleibt die soziale Frage unserer Zeit. Wie kann der Wohnungsbau wieder angeschoben werden?

In den letzten Jahren haben sich die Voraussetzungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft grundlegend verändert. Bundeskanzler Scholz und Bauministerin Geywitz haben es in den letzten drei Jahren versäumt, dringend notwendige Reformen einzuleiten, obwohl die FDP wiederholt gewarnt und
Unterstützung angeboten hat. Bürokratie, langwierige Genehmigungsverfahren und überforderte Kommunen bremsen den Neubau aus. Angesichts hoher Zinsen, steigender Baukosten und sinkender Baugenehmigungen ist jetzt entschlossenes Handeln erforderlich. Nur wenn wir überhohe Standards senken, die Genehmigungsverfahren beschleunigen und mehr Bauland entwickeln, wird in Deutschland wieder mehr, schneller und günstiger gebaut.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leiden vor allem unter den hohen Baukosten. Was sind Ihre Pläne für die Wohnraumförderung und die Begrenzung der Baupreise?

Günstige Baupreise sind die Voraussetzung für bezahlbares Wohnen. Um von den hohen Kosten runterzukommen, müssen wir weg von den überzogenen Standards, die keinen Beitrag zur Gebäudesicherheit leisten. Es ist zwingend notwendig, dass wir einen gesetzlichen Mindeststandard definieren, dessen Einhaltung das einzig geschuldete Kriterium ist. Wir müssen auch verstärkt ins serielle Bauen kommen. Wenn Häuser quasi vom Fließband laufen, werden die Kosten spürbar sinken – Voraussetzung dafür ist die Harmonisierung der 16 verschiedenen Landesbauordnungen. Zudem sollten wir den Wildwuchs der Förderprogramme beenden und durch eine hocheffiziente und wirksame Zinsförderung ersetzen.

Beim Klimaschutz steht die Wohnungswirtschaft vor einer Mammutaufgabe. Die Sanierungsquoten im Wohnungsbestand müssen deutlich erhöht werden. Welche Ansätze haben Sie hier?

Klar ist: Wenn der Gebäudebestand nicht liefert, werden wir unsere Klimaziele nie erreichen. Nichtstun ist daher keine Option mehr. In Deutschland wurden über Jahre hinweg Milliarden in die energetische Gebäudesanierung investiert, oft jenseits der Wirtschaftlichkeitsschwelle. Die Kosten standen häufig in keinem Verhältnis zum erzielten Nutzen oder zur CO2-Reduktion.

Das macht deutlich: Ein grundlegender Paradigmenwechsel ist dringend erforderlich! Dass sich Sanierungen nur an der Energieeffizienz einzelner Gebäude orientieren, macht es unnötig teuer. Zielführender wäre die Betrachtung der Emissionseffizienz über den Lebenszyklus – am besten im Quartier. Hier schlummern ungenutztes Potential und große Kosten- und Energieeinsparungen. Besonders mit den Möglichkeiten des seriellen Bauens können hier schnell und kostengünstig energetische Sanierungen vorgenommen werden.

Stefan Schmidt, MdB
Bündnis 90/Die Grünen

Deutschland ist in der Baukrise. Wohnen bleibt die soziale Frage unserer Zeit. Wie kann der Wohnungsbau wieder angeschoben werden?

Wir als Grüne packen die enormen Herausforderungen in der Baubranche an und behalten dabei Umwelt- und Klimaschutz im Blick. Im Gebäudebestand gibt es ein gewaltiges Potential für neuen Wohnraum – laut Studien bis zu 4 Millionen neue Wohnungen. Diese Möglichkeiten im Bestand wollen wir ausschöpfen. In dieser Legislatur haben wir bereits konkrete Anreize gesetzt, um mehr Wohnraum in bestehenden Gebäuden zu schaffen. Etwa über die Bundesförderung für effiziente Gebäude oder das Programm Klimafreundlicher Neubau, die auch für Aufstockung oder Umwidmung verwendet werden können. Auch die steuerlichen Anreize für den Wohnungsbau haben wir deutlich verbessert. Wir haben zum Beispiel die degressive AfA in Höhe von fünf Prozent eingeführt und die Sonderabschreibung für klimafreundlichen Mietwohnungsneubau erhöht. Nun gilt es Erleichterungen für den sozialen Wohnungsbau, Umbau und Nachverdichtung umzusetzen und das Baurecht entsprechend anzupassen. Auch in der Förderung von seriellem Bauen und Sanieren sowie der Umsetzung des Gebäudetyp E sehen wir große Chancen.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leiden vor allem unter den hohen Baukosten. Was sind Ihre Pläne für die Wohnraumförderung und die Begrenzung der Baupreise?

Wir setzen uns dafür ein, dass in Zukunft wieder mehr Sozialwohnungen geschaffen werden. Daher haben wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau kräftig erhöht und stellen bis 2027 insgesamt 18 Milliarden Euro dafür bereit. Nicht jede Sozialwohnung muss neu gebaut werden. Oft können Wohnungen aus dem Bestand gekauft, saniert und als Sozialwohnung angeboten werden. Den hohen Baukosten wollen wir auch entgegenwirken, indem wir auf kostenintensive Standards verzichten und neue Spielräume für innovatives Bauen eröffnen. Wir unterstützen daher die Pläne zum vereinfachten Gebäudetyp E.

Beim Klimaschutz steht die Wohnungswirtschaft vor einer Mammutaufgabe. Die Sanierungsquoten im Wohnungsbestand müssen deutlich erhöht werden. Welche Ansätze haben Sie hier?

Wir Grüne haben die entscheidenden Weichen gestellt, um den Gebäudesektor fit für die Zukunft zu machen. Mit einer Verzahnung der kommunaler Wärmeplanung und der großzügigen Förderung für den Heizungstausch haben wir die Grundlagen für ein warmes Zuhause für alle gelegt. Trotzdem bleibt noch einiges zu tun. Im Gebäudebestand schlummert großes Einsparpotenzial, das es zu heben gilt. Neben dem Heizungstausch ist die energetische Sanierung des Gebäudebestands der große Hebel im Gebäudesektor, um die Gesellschaft vor steigenden Heizkosten zu schützen und die Klimaerwärmung zu bremsen.

Zentral ist hier die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude. Dieses 25 Milliarden Euro starke Förderprogramm haben wir so ausgestaltet, dass vor allem die energetischen Sanierungen mit den größten Einsparpotentialen angereizt werden. Innovative Sanierungskonzepte, wie die serielle Sanierung werden extra bezuschusst. So schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen, um Sanierungen im Bestand signifikant zu steigern.

Heike Heubach, MdB
SPD

Deutschland ist in der Baukrise. Wohnen bleibt die soziale Frage unserer Zeit. Wie kann der Wohnungsbau wieder angeschoben werden?

Langsam, aber stetig nimmt die Bautätigkeit nach dem Baupreisschock durch die Coronapandemie und den Ukrainekrieg wieder zu. Das ist ein gutes Zeichen, muss aber weiterhin durch Anstrengungen der Bundesregierung und auch der Landesregierungen befördert werden. Dazu gehört die deutschlandweite Einführung der Typengenehmigung, auch um das serielle, modulare und systemische Bauen sowie den Gebäudetyp E vorantreiben zu können. Dazu zählt auch die Vereinfachung des Baugenehmigungsverfahrens und ein einheitlicher, digitaler Bauantrag – hier müssen auch die Verwaltungen bei der Umsetzung unterstützt werden. Fachkräfte braucht es also dort und ebenso in der Baubranche, eine moderne, zukunftsgewandte Ausbildung sowie die einfachere Möglichkeit, um ausländische Berufsabschlüsse anzuerkennen, erfordern eine gute gesetzliche Grundlage und auch Flexibilität.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leiden vor allem unter den hohen Baukosten. Was sind Ihre Pläne für die Wohnraumförderung und die Begrenzung der Baupreise?

Viele Bevölkerungsgruppen benötigen guten und bezahlbaren Wohnraum: geringverdienende Familien, Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, Studierende und Auszubildende. Auch wenn das selbst gesteckte Ziel der Bundesregierung in dieser Legislatur nicht erreicht werden konnte, so wurden doch Verbesserungen erreicht und viele wichtige Weichen gestellt: die Anhebung und Ausweitung des Wohngeldes und die Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau, um nur zwei zu nennen. Hinzu kommen die passgenauen Fördermittel des Bauministeriums für genossenschaftliches Bauen oder wie im Programm „Junges Wohnen“, welches den Bau tausender Wohnheimplätze für Studierende und Auszubildender in den Städten und auch auf dem Land befördert. Dieser Weg muss konsequent weitergegangen und weiterentwickelt werden. Dazu gehört weiterhin die Schaffung von mehr Wohnraum, z. B. durch Programme wie Gewerbe zu Wohnen oder den verstärkten seriellen und modularen Wohnungsbau. Dazu gehört aber auch die Begrenzung der Mietpreisentwicklung durch die Fortführung und Verschärfung der Mietpreisbremse. Dafür wird sich die SPD auch in der nächsten Legislatur einsetzen und den eingeschlagenen Weg weitergehen.

Beim Klimaschutz steht die Wohnungswirtschaft vor einer Mammutaufgabe. Die Sanierungsquoten im Wohnungsbestand müssen deutlich erhöht werden. Welche Ansätze haben Sie hier?

Um den ökologischen Fußabdruck eines jeden von uns zu verringern, muss die Energieeffizienz von Gebäuden sowie die Auswahl der genutzten Energieträger zur Erzeugung von Raumwärme, Klimakälte, Warmwasser und Strom in den Blick genommen werden und auch die Sanierungsquoten mindestens verdoppelt werden. Das ist ein finanzieller Kraftakt. Das beginnt – mit diversen Förderprogrammen finanziell unterstützt – beim Dämmen des Daches, dem Einbau einer energieeffizienten Heizung und der Nutzung von Grauwasser; um nur einige Beispiele zu nennen. Zu einer Sanierungsoffensive gehört es beispielsweise aber auch, die Technische Gebäudeausrüstung in „intelligenten“ Gebäuden zu vernetzen, damit Gebäudemanagement und Gebäudeautomation Hand in Hand laufen können. Ziel muss es sein, nicht nur im Neubau, sondern auch im Bestand wartungsarme und langlebige Gebäude zu schaffen.

Manifest für einen Kurswechsel in der Klimapolitik für den Gebäudesektor

Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor

Renommierte Wissenschaftler aus den Bereich Architektur und Ingenieurwesen haben am 14.11.2024 in Berlin ihr Manifest für eine nachhaltige, kosteneffiziente und sozial verträgliche Klimapolitik im Gebäudesektor vorgestellt. Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft unterstützt die Initiative der Wissenschaftler und ist ihr offiziell beigetreten.

Manifest für einen Kurswechsel in der Klimapolitik für den Gebäudesektor

Die historisch gewachsene Fokussierung auf Energieeinsparung im Gebäudesektor ist gescheitert! Nur ein Paradigmenwechsel im Klimaschutz bei Gebäuden auf einen Praxispfad, der die Reduzierung von Treibhausgasemissionen ins Zentrum unseres Handelns rückt, ist finanzierbar, stellt die Erreichung der Klimaschutzziele sicher und gewährleistet bezahlbares Wohnen!

Wir Professorinnen und Professoren aus den Fachbereichen Architektur und Ingenieurwesen wollen einen breiten gesellschaftlichen Diskurs führen und mit allen Akteurinnen und Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sowie Bürgerinnen und Bürgern über einen besseren Weg streiten.

Wir haben deshalb die „Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor“ (Arbeitstitel) gegründet.

Wir rufen dazu auf, sich dieser Initiative anzuschließen, um mit allen politischen Kräften, der jetzigen und vor allem der zukünftigen Bundesregierung, einen realistischen Weg in die Klimaneutralität für den Gebäudesektor zu verhandeln, der finanzierbar ist.

Prof. Dirk Hebel, Prof. Dietmar Walberg, Prof. Elisabeth Endres und Prof. Werner Sobek (von links)
Bilder: „axentis/Lopata“

Die Klimaschutzziele für den Gebäudesektor können angesichts der anhaltend niedrigen Sanierungsrate und hoher Baukosten nicht mehr erreicht werden. Hauptgrund dafür ist die einseitige politische und gesellschaftliche Fokussierung auf Energieeinsparung am Einzelgebäude. Die aktuellen Förderprogramme bleiben dadurch mit Blick auf die Klimaschutzziele nahezu wirkungslos. Im vergangenen Jahrzehnt wurden in Deutschland über 500 Milliarden Euro in die Gebäudedämmung und die Haustechnik investiert, ohne dass der Energieverbrauch signifikant abgesenkt werden konnte.

Die derzeit angestrebten Maßnahmen sind ineffizient. Sie würden bis zum Jahr 2045 mehr als 260 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen erfordern (mehr als 5.000 Milliarden Euro kumuliert). Dieser Summe stehen derzeit nur rund 60 Milliarden Euro an jährlich eingesetzten Investitionsmitteln in energetische Modernisierung und Haustechnik gegenüber. Diese Zahlen belegen den falschen Kurs. Die erforderlichen Investitionen sind nicht leistbar. Die Fokussierung auf immer höhere Energieeffizienzstandards birgt zudem sozialen Sprengstoff, weil die dadurch ausgelösten Maßnahmen zu unnötig hohen Warmmieten für Mieterinnen und Mieter führen. Der Förderbedarf des derzeitigen Energieeffizienzpfades übersteigt das vom Bundeshaushalt Leistbare um ein Mehrfaches. Die Klimaschutzpolitik für den Gebäudesektor bedarf daher einer Neuausrichtung. Erforderlich ist ein Paradigmenwechsel:

Die Errichtung und der Betrieb von Gebäuden müssen künftig an CO2-Reduktionszielen und nicht mehr an Energieeffizienzforderungen für den Gebäudebetrieb orientiert werden.

Es ist noch genug Zeit, um das Ruder herumzureißen: Wir plädieren dringend für eine Abkehr vom bisherigen Energieeffizienzpfad und fordern einen Praxispfad Emissionsreduktion. Denn er ist am ehesten für Immobilieneigentümer finanzierbar, für Mieter bezahlbar und für den Klimaschutz erfolgreich umsetzbar.

Mit unserem Praxispfad Emissionsreduktion können wir die nötigen kumulierten Investitionskosten von rund 5,2 auf 1,9 Billionen Euro bis zum Jahr 2045 senken. Der nötige Förderbedarf würde sich somit von heute 50 Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro pro Jahr senken lassen. 18 Milliarden Euro sind immer noch eine erhebliche Summe, aber sie wäre in der Praxis in öffentlichen Haushalten darstellbar. 50 Milliarden Euro werden es angesichts zunehmend knapper Haushaltskassen nicht sein. Auch die Wohnkosten lassen sich in dem von uns vorgeschlagenen Szenario zumindest im Zaum halten. Denn Fakt ist: Die Umstellung der Wohnungen auf emissionsreduzierte bzw. emissionsfreie Gebäude kostet. In unseren Modellrechnungen, die auf realen Daten aus der Praxis basieren, können wir nachweisen, dass die Mietkosten stärker steigen, wenn höhere Effizienzstandards verfolgt werden. Wir müssen uns von der Lebenslüge verabschieden, nach der die Kosten für Effizienzmaßnahmen durch eingesparte Energiekosten finanziert werden. Mieter werden mehr bezahlen. Wir zeigen jedoch einen Weg mit moderaten Kostensteigerungen auf, die von den Gebäudeeigentümern, den Mieterinnen und Mietern bzw. der Gesellschaft zu tragen sein werden.

Als erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen mit hohem Praxisbezug fordern wir jetzt einen Kurswechsel. Um den Klimapfad noch erfolgreich gehen zu können, haben wir uns auf fünf zentrale Handlungsfelder verständigt, auf denen wir die geeigneten Stellschrauben für die von uns geforderte Kurskorrektur sehen:

1. Konsequente Fokussierung auf eine emissionsfreie Wärmeversorgung

Der Übergang zu einer emissionsfreien und damit klimaneutralen Wärmeversorgung muss beschleunigt werden. Es sollte so bald wie möglich keine weiteren Investitionen in verbrennungsbasierte Heizungen mehr geben. Stattdessen sollen Wärmepumpen und andere emissionsfreie Technologien umfassend gefördert werden. Um eine nachhaltige Wärmeversorgung
sicherzustellen, sollen Wärmenetze aufgebaut und Abwärme aus Industrieprozessen genutzt werden. Der Ausbau von Wärmepumpen und die Nutzung erneuerbarer Energien auf Quartiersebene werden hierbei priorisiert wie bilanzielle Ansätze auf der Ebene von Gebäudeflotten und Quartieren im Allgemeinen und hier insbesondere die gebäudeübergreifende bilanzierbare Nutzung von Solarenergie.

2. Maßvolle Sanierung statt Überoptimierung

Eine maßvolle Sanierung orientiert sich an der Lebensdauer der Bauteile und dem tatsächlichen Bedarf. Diese Vorgehensweise erhält graue Emissionen und vermeidet unnötige Kosten, die durch extreme Effizienzmaßnahmen entstehen. Sanierungen sollen nur erfolgen, wenn Bauteile abgängig sind. Geringinvestive Maßnahmen, die unmittelbar CO2-Emissionen reduzieren, sollen vorrangig gefördert werden. Die Erhaltung der Baukultur und die Sicherung von Baukapazitäten sind dabei zentrale Punkte.

3. Effizienter Einsatz von Wärmepumpen bei moderater Sanierung

Moderne Wärmepumpen sind bereits effizient genug, um auch unsanierte oder moderat sanierte Gebäude zu beheizen. Die Heizflächen in den älteren Bestandsgebäuden sind in der Regel überdimensioniert und erlauben reduzierte Vorlauftemperaturen, was der Effizienz der Wärmepumpe zugutekommt. Der Fokus sollte daher auf der Einführung dieser Technologie liegen, während umfassende Sanierungen nur dann vorgenommen werden, wenn sie ökologisch und ökonomisch sinnvoll sind. Diese Maßnahme ermöglicht eine schnellere Erreichung der Klimaneutralität und reduziert gleichzeitig den Primärenergiebedarf.

4. Emissionsminderungspfad als zentrales Steuerungsinstrument

Anstelle zahlreicher Einzelvorschriften, die zu einer Vielzahl von Maßnahmen verpflichten, soll ein klarer Emissionsminderungspfad als Zielformulierung festgelegt werden. Er ist die einzige verbindliche Größe. Er gibt, wie im Klimaschutzgesetz von 2021 beschrieben, vor, wie die Gebäude ihre Emission bis 2045 reduzieren müssen. Die Emissionen bestehen dabei aus den bei der Herstellung und beim Umbau entstehenden Emissionen wie auch den beim Betrieb der Gebäude entstehenden Emissionen. Die Überwachung dieses Pfades erfolgt durch eine unabhängige Emissionsagentur, die sicherstellt, dass die Ziele eingehalten werden. Die Finanzierung erfolgt durch den Emissionshandel, dessen Einnahmen vollständig an die Bürger zurückgegeben werden.

5. Bestandserhalt und Kreislaufwirtschaft fördern

Bauvorhaben sollen zukünftig nur dann genehmigt werden, wenn sie strenge Emissionsgrenzen einhalten. Durch den Erhalt bestehender Bausubstanz kann die Freisetzung von grauen Emissionen verhindert und die Kreislaufwirtschaft auf den Weg gebracht werden. Sekundärmaterialien müssen zukünftig bevorzugt eingesetzt werden, um den Verbrauch von primären Ressourcen zu minimieren und die Abfallproduktion zu senken. Ein Absenkungspfad für den CO2-Ausstoß bei der Herstellung und dem Betrieb der Gebäude gibt Planern die Möglichkeit, innovative und emissionsarme Lösungen zu entwickeln.

Fazit: Ein gemeinsamer Weg zur Klimaneutralität

Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen zu einer zukunftsweisenden Neuausrichtung der Gebäude- und Klimapolitik. Der Weg zur Klimaneutralität im Gebäudesektor ist anspruchsvoll, aber auf einem Praxispfad Emissionsreduktion eher machbar als auf dem Energieeffizienzpfad. Unsere Empfehlungen zeigen, dass ein solcher Wandel möglich ist und sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll umgesetzt werden kann. Der Praxispfad zur Emissionsreduktion wird am ehesten bezahlbar, sozial verträglich und wirksam sein und damit die Grundlage für einen nachhaltigen Gebäudesektor schaffen.

Wir richten unseren Aufruf an die Entscheidungsträger in der Politik: Stellen Sie Regulierungen und Förderungen konsequent auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen ab. Geben Sie Ziele und nicht Maßnahmenkataloge vor.

Vereinfachen Sie die Regularien, schaffen Sie Raum für innovative Lösungen und gestalten Sie ein förderliches Umfeld, in dem der Gebäudesektor nachhaltige, bezahlbare und klimafreundliche Wege gehen kann.

An alle Akteure im Gebäudesektor appellieren wir: Stellen Sie sich den Herausforderungen der Zeit. Nutzen Sie die modernen Möglichkeiten der Emissionsreduktion, etwa den Einbau von Wärmepumpen und der Kreislaufwirtschaft. Fordern Sie klare, zielgerichtete Unterstützung. Nur gemeinsam können wir den Gebäudesektor zukunftsfähig und klimaneutral gestalten.

Und alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unserem und angrenzenden Forschungsbereichen ermutigen wir: Führen Sie aktiv den Diskurs mit uns und der Öffentlichkeit. Lassen Sie uns gemeinsam für den besten Weg streiten. Wir sind überzeugt, dass wir konstruktive Vorschläge für das Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor in Deutschland vorgelegt haben, mit denen wir unsere Zukunft in Deutschland besser gestalten können.

Internetseite Paradigmenwechsel

Status Klimaneutralität 2024

Erfahrungen und Herausforderungen für Wohnungsunternehmen

Die Klimaneutralität ist längst keine Vision mehr, sondern eine dringende Notwendigkeit – auch und vor allem für die Wohnungswirtschaft. Für Wohnungsunternehmen bedeutet dies: massive Investitionen, technische Herausforderungen, viele Abstimmungen mit dem örtlichen Energieversorger und nicht zuletzt finanzielle Belastungen. Unsere Studie „Status Klimaneutralität 2024“ fasst Erkenntnisse aus zwei Jahren CO₂-Bilanzierung und der Erarbeitung von Klimapfaden zusammen, die Wohnungsunternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität begleiten sollen. In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die Kernergebnisse und zeigen, warum jetzt Handlungsbedarf besteht.

Die Bedeutung einer belastbaren CO₂-Bilanz

Der erste Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Erstellung einer umfassenden CO₂- bzw. Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz). Diese Bilanz bildet die Grundlage, um den Ist-Zustand des Wohnungsbestands zu bewerten und Handlungsstrategien zu entwickeln.

Herausforderungen: Kosten und Finanzierung

Eine der größten Herausforderungen für Wohnungsunternehmen ist die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen. Wie unsere Studie zeigt, sind viele Unternehmen auf Förderungen angewiesen, um die Kosten stemmen zu können. Doch Förderprogramme sind regelmäßig mit Einschränkungen verbunden. Nicht alle Maßnahmen sind förderfähig, die Förderungen sind auf Maximalsummen begrenzt und es gibt technische Mindestanforderungen. Zudem ist die Anschlussfinanzierung von Förderdarlehen ein Risiko: Das Steigen der günstigen Förder-Zinsen auf Marktniveau kann für Unternehmen zur einer erheblichen finanziellen Belastung werden.

Dekarbonisierung vor Dämmung – Prioritäten setzen

Eine der wichtigsten Erkenntnisse unserer Arbeit ist, dass die Dekarbonisierung – also der Umstieg auf langfristig klimaneutrale Energiequellen – Vorrang vor Dämmmaßnahmen haben sollte. Der Einbau von Wärmepumpen oder der Anschluss an klimaneutrale Fernwärmesysteme hat dabei höchste Priorität. Dämmmaßnahmen sind nachrangig und sollten nur dann umgesetzt werden, wenn sie für den Betrieb des neuen Heizungssystems notwendig sind oder gesetzlich vorgeschrieben werden.

Zeitdruck und Planungshorizonte

Ein zentrales Problem vieler Wohnungsunternehmen ist die langfristige Planung. Während die Sanierungszyklen in der Wohnungswirtschaft oft 40 bis 50 Jahre betragen, bleiben für die Erreichung der Klimaneutralität in vielen Regionen nur noch etwa 15 Jahre. Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen haben sich dazu verpflichtet, bis 2040 klimaneutral zu werden, Deutschland strebt dies bis 2045 an.
Unsere Studie zeigt, dass in den kommenden sechs bis acht Jahren der größte finanzielle und technische Druck auf den Unternehmen lastet. Wer sich also nicht frühzeitig auf den Weg macht, riskiert nicht nur den Anschluss an Fördermittel und zinsgünstige Kredite zu verpassen, sondern läuft Gefahr, langfristig Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Technische Maßnahmen und individuelle Klimapfade

Jedes Wohnungsunternehmen muss seinen eigenen Klimapfad entwickeln, der auf den spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten des Gebäudebestands basiert. Dieser Pfad sollte technische Maßnahmen wie die Umrüstung auf klimaneutrale Heizsysteme, aber auch kaufmännische Aspekte, wie Baukostensteigerungen, Aktivierungsmöglichkeiten, Restnutzungsdauern, CO2-Kosten, mögliche Mieterhöhungen und Finanzierungsoptionen, berücksichtigen.

Warum jetzt handeln?

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren schon jetzt. Ab 2026 müssen Wohnungsunternehmen, die „wie Große bilanzieren“, in ihren Lageberichten auch über Nachhaltigkeitsaspekte berichten. Darüber hinaus fordern Banken zunehmend Informationen zur Nachhaltigkeit von Gebäuden und Unternehmen, was sich direkt auf die Kreditkonditionen auswirken kann.

Gleichzeitig steigen die CO₂-Preise. Bis 2045 wird der Preis für eine Tonne CO₂ deutlich ansteigen. Für Unternehmen, die noch lange fossile Energieträger nutzen, bedeutet dies eine erhebliche finanzielle Belastung. Die CO₂-Kosten werden zum Teil auf die Mieter umgelegt, doch je schlechter das Gebäude, desto mehr verbleibt beim Vermieter.

Grafik: Hierarchie der Kosten

Serielles Sanierungsprojekt der Gewobau Erlangen

Fazit und Handlungsempfehlungen

Der Weg zur Klimaneutralität stellt Wohnungsunternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Treibhausgas-Reduktion erfordert nicht nur eine nachhaltige Planung, sondern auch massive Investitionen in den Gebäudebestand. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass es ohne aktive Maßnahmen zur Dekarbonisierung schwierig wird, die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Die Erfahrungen zeigen, dass die ersten sechs bis acht Jahre des Umstellungsprozesses entscheidend sind. In dieser Phase muss der größte Aufwand geleistet werden, sowohl finanziell als auch organisatorisch. Der Kostendruck, der durch die Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude entsteht, ist erheblich, kann jedoch durch eine gezielte Priorisierung von Maßnahmen bewältigt werden. Technische Maßnahmen wie der Umstieg auf klimaneutrale Heizsysteme und die Umrüstung auf zentrale Wärmeversorgungssysteme sollten daher höchste Priorität haben.
Handlungsempfehlungen:

  1. Bilanzierung der Treibhausgasemissionen: Starten Sie mit der Erstellung einer belastbaren THG-Bilanz für Ihren gesamten Gebäudebestand, Verwaltung und Fuhrpark. Dies ermöglicht eine realistische Einschätzung der notwendigen Maßnahmen und erleichtert die Entwicklung eines maßgeschneiderten Klimapfades.
  2. Dekarbonisierung vor Dämmung: Der Umstieg auf klimaneutrale Energieträger sollte Vorrang haben. Maßnahmen zur Energieeinsparung, wie Dämmungen, sind wichtig, aber oft weniger dringlich als der Einsatz sauberer Heiztechnologien. Kombinieren Sie Maßnahmen, wenn es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist.
  3. Förderungen optimal nutzen: Nutzen Sie die verfügbaren Förderprogramme, aber achten Sie auf mögliche Risiken, wie die Anschlussfinanzierung (bei KfW-Darlehen i.d.R. nach zehn Jahren). Förderungen sind häufig auf bestimmte Maßnahmen begrenzt und nicht immer deckend, was eine sorgfältige Planung erfordert.
  4. Finanzplanung über längere Zeiträume: Denken Sie langfristig. Eine Planungshorizont von mindestens zehn Jahren sollte in der Unternehmensstrategie berücksichtigt werden, um die finanziellen Auswirkungen des Klimapfades zu bewältigen. Planen Sie auch die steigenden CO₂-Kosten ein.
  5.  Kommunikation und Sensibilisierung: Involvieren Sie frühzeitig Ihre Aufsichtsgremien, Mitarbeiter und Mieter. Eine transparente Kommunikation über die Notwendigkeit von Maßnahmen und deren Auswirkungen, insbesondere bei Mieterhöhungen, ist entscheidend, um Widerstände zu minimieren und Akzeptanz zu schaffen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Klimaneutralität kein kurzfristiges Ziel ist, sondern langfristig geplant und schrittweise umgesetzt werden muss. Wohnungsunternehmen, die jetzt handeln, können nicht nur von Fördermitteln und zinsgünstigen Krediten profitieren, sondern auch ihre Zukunftsfähigkeit sichern. Denn: Wer sich nicht auf den Weg macht, riskiert, den Anschluss zu verlieren und riskiert das Unternehmen.

Wir von der VdW Bayern Treuhand begleiten Wohnungsunternehmen seit 2021 auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Mit unserem Klimaschutz-Team aus Expertinnen und Experten unterstützen wir Sie bei der THG-Bilanzierung, der Entwicklung eines individuellen Klimapfades und der Umsetzung der Maßnahmen – von der Planung über die Finanzierung bis zum Ende der Gewährleistung.

Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten – klimaneutral und nachhaltig.

Kontaktieren Sie uns für mehr Informationen, individuelle Beratung oder eine Kopie unserer Studie: wir-sprechen-klimaschutz@vdwbayern.de

WohWi im Dialog 2024 – Die Zukunft des bezahlbaren Wohnens

Herbsttagung der Wohnungswirtschaft Bayern in Reit im Winkl

550 Anmeldungen, 40 Referentinnen und Referenten, 15 Stunden Programm und viel Sonnenschein – die Wohnungswirtschaft Bayern traf sich in Reit im Winkl zur traditionellen Fachtagung WohWi im Dialog. Trotz des milden Herbstwetters war die Stimmung bei den Teilnehmern verhalten. „Als Verband würden wir lieber andere Rekorde verkünden als unsere Spitzen-Teilnehmerzahl“, sagte der Verbandsvorsitzende Wolfgang Bonengel bei seiner Begrüßung mit Blick auf die sinkenden Baugenehmigungszahlen im Freistaat. Die Wohnbaukrise bewegt die Wohnungswirtschaft. Das spiegelte sich an den Themen der Tagung wider. Ein kleiner Einblick: Impulse für mehr Wohnungsbau, Klimapfad für den Wohnungsbestand, serielles und modulares Bauen.

Die Baukrise bewegt auch die gastgebende Gemeinde Reit im Winkl. „Eins vorweg, es geht uns gut. Wir brauchen aber dringend bezahlbare Wohnungen für Angestellte im Ort. Das Thema treibt uns um,“ informierte der Erste Bürgermeister Matthias Schlechter bei seinem Überblick. Neben der Schwierigkeit an bezahlbares Bauland zukommen, bemängelte er auch die „fehlende Elastizität“ der Behörden bei Bauvorhaben. Damit waren schon einmal zwei zentrale Themen angesprochen.

Punktlandung beim Wohnbau-Booster Bayern sorgt für knappe Fördermittel

Schwere Zeiten also für die Wohnungswirtschaft und auch für das Bayerische Bauministerium. Der Freistaat hat zwar mit 1,1 Mrd. Euro noch nie so viele Wohnraumfördermittel für den Wohnungsbau bereitgestellt wie in diesem Jahr. Doch die Mittel werden dem Bauministerium förmlich aus der Hand gerissen, berichtete Staatsminister Christian Bernreiter. Die Hoffnung der Wohnungswirtschaft auf eine Aufstockung der Mittel konnte der Bauminister nicht erfüllen. „Mehr Geld wird es nicht geben. Der Doppelhaushalt steht. So realistisch müssen wir sein“, betonte der Bauminister. Angesichts der begrenzten Fördermittel müssten in Bayern aller Wahrscheinlichkeit nach erstmals Projekte priorisiert werden. „Sie haben hier als verlässliche Partner sicher Priorität“, sagte Bernreiter zu den anwesenden Vertretern der sozial orientierten Wohnungswirtschaft. Das Ziel müsse sein, mit begrenzten Mitteln für möglichst viele Menschen über einen möglichst langen Zeitraum bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Zurecht verwies er dabei auch auf die Bundesregierung in Berlin, die dem im Koalitionsverlag festgeschriebenen Ziel von 100.000 geförderten Wohnungen jährlich zu wenige entsprechende Maßnahmen folgen ließ.

Für kostengünstigeren und schnelleren Wohnungsbau hatte der Bauminister einige Impulse mit nach Reit im Winkl gebracht. Der Freistaat habe das Ziel, eine effiziente und vereinfachte Verwaltung anzubieten, um Bauvorhaben schneller realisieren zu können. „Wir wollen das Anträge schneller bearbeitet werden und wir wollen eine Ausweitung der Verfahrensfreiheit sowie die Aufstockung von Bestandsgebäuden zu Wohnzwecken erleichtern“, sagte Bernreiter. Diese Punkte seien im Modernisierungsgesetz verankert, das dem Bayerischen Landtag aktuell vorliegt. Eine der geplanten Maßnahmen sei zudem das Stellplatzrecht mit Obergrenzen in die Hand der Kommunen zu geben. Dabei nannte er ein Negativbeispiel bei der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim, die selbst bei einem Bauprojekt in Ingolstadt mit 433 Wohnungen 480 Stellplätze schaffen musste. „An dieses Thema müssen wir ran“, so der Staatsminister.

Auch beim digitalen Bauantrage gehe es in Bayern voran, 88 der 138 Baugenehmigungsbehörden sind bereits digital unterwegs. Und hier gehe es jetzt zügig weiter voran.

Da im Augenblick die Mittel für die Wohnraumförderung knapp sein, müsse man das Instrument der Abschreibungsmöglichkeiten gestalten, sagte Bernreiter mit Blick auf GdW-Präsidenten Axel Gedaschko. Er habe bei der Sonderbauministerkonferenz in Passau seine Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen können. „Wir fordern dauerhafte Sonderabschreibungsmöglichkeiten für den Mietwohnungsbau. Und wir fordern Sonderabschreibungsmöglichkeiten für Sanierungsmaßnahmen und für selbstgenutzten Wohnraum“, erklärte der Bauminister.

Bayern habe beim Wohnungsbau gezeigt, was man alles anschieben kann. Auch die Bundesregierung könne an viel mehr Stellschrauben anpacken. Schließlich habe man eine gemeinsame Verantwortung.

Bauminister Christian Bernreiter und Moderatorin Ursula Heller. Alle Bilder: Klaus D. Wolf

Was für die Wohnungswirtschaft Bayern wichtig ist

Bezahlbare Wohnungen bauen und gleichzeitig einen klimaneutralen Gebäudebestand schaffen – vor dieser Herkulesaufgabe steht die Wohnungswirtschaft. “Im Augenblick ist die Lage für unsere Mitgliedsunternehmen schwierig“, fasst Verbandsdirektor Hans Maier zusammen. Der Wohnungsneubau gleiche einem Drama. Für die Jahre 2024 und 2025 erwartet er einen massiven Rückgang bei den Baufertigstellungen. Und die Umsetzung der Klimaschutzziele ist für den Verbandschef nur möglich, wenn eine Wende bei der Klimapolitik erfolgt.

Der Wohnungsneubau zu bezahlbaren Mieten sei ohne Fördermittel nicht mehr möglich. Durch die Wohnungsbauprogramme des Freistaats hätten die Unternehmen seit 2015 die Neubauplanungen hochgefahren und Rekordsummen investiert. Insgesamt bauten die Verbandsunternehmen seitdem mehr als 32.000 neue Wohnungen – bezahlbar und mit einem hohen Standard. Inzwischen gebe es aber einen regelrechten Wettbewerb um die knappen Fördermittel. Neben den sozial orientierten Wohnungsunternehmen würden nun auch neue Akteure mit Fördermitteln Wohnungen errichten. „Das Bauen und Verkaufen von geförderten Wohnungen darf dabei aber nicht zum Geschäftsmodell werden“, fordert Maier. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen schlägt deshalb längere Belegungsbindungen für geförderte Wohnungen vor. 25 Jahre sind für geförderte Wohnungen zu kurz. „Mit längeren Bindungen bleiben die Mieten auch länger bezahlbar“, erläutert Maier. Der Verbandsdirektor appelliert darüber hinaus an den Freistaat, die Fördermittel zu erhöhen.

Angesichts enormer Kosten und knapper Mittel braucht es laut dem Verband für einen dauerhaft funktionierenden Wohnungsbau nicht nur mehr Förderung, sondern auch ausreichend bezahlbare Grundstücke, eine Bremse bei den Baukostensteigerungen, steuerliche Anreize und ein Zinsförderprogramm für bezahlbaren Wohnungsbau.

Wohnungswirtschaft fordert Wende bei der Klimapolitik

Zahlreiche Verbandsmitglieder hätten in den letzten Jahren ihren Klimapfad für die Bestandsanierung ausgearbeitet. Das ernüchternde Ergebnis: Wer keinen Zugang zu Fernwärme hat, kann derzeit weder die Vorgaben der Europäischen Kommission noch die bundesdeutschen, die bayerischen oder individuelle kommunale Klimaziele erreichen. Für die nötigen Investitionskosten fehle schlichtweg das erforderliche Eigenkapital. Deshalb fordert der Verband ein Umdenken.

„Für uns ist es ein Irrweg, mit Dichten und Dämmen besonders hohe Energieeffizienzstandards im Bestand zu erreichen“, erklärt Maier. Die knappen Mittel der Unternehmen seien hier nicht effizient eingesetzt. Die Wohnungswirtschaft fordert stattdessen bezahlbare Energieeffizienzstandards und ergänzend einen Fokus auf die Versorgung mit erneuerbaren Energien. „Das große Ziel ist die Klimaneutralität im Gebäudebestand – hierfür brauchen die Unternehmen größere Entscheidungsfreiheit. Wo grüne Energie einfach erschlossen werden können, müsse diese auch in den Fokus gestellt werden – und nicht eine überbordende und nicht mehr bezahlbare Gebäudedämmung“, so der Verbandsdirektor. Egal, ob die Unternehmen auf hohe Dämmung oder erneuerbare Energien setzen – für eine erfolgreiche Klimawende wird es über die nächsten Jahrzehnte stetige und verlässliche Förderprogramme brauchen.

Verbandsdirektor Hans Maier: Was für die Wohnungswirtschaft Bayern wichtig ist.

Zur Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Bayern, Deutschland und Europa

Über die Zukunft des bezahlbaren Wohnens diskutierten im Anschluss Bauminister Christian Bernreiter, Christian Doleschal, Mitglied des Europäischen Parlaments, BSG-Allgäu-Vorständin Tanja Thalmeier und GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Die EU hat einen direkten und indirekten Einfluss auf nationale Gesetze und wirkt unter anderem durch Gebäuderichtlinien, Antidiskriminierungsvorschriften in der Wohnungsbelegung, Finanzmarktregulierungen unmittelbar auf den Wohnungssektor ein. Mit Dan Jørgensen gibt es nun erstmals einen EU-Kommissar für Wohnen und Energie. „Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?“, wollte Moderatorin Ursula Heller wissen. Für GdW-Präsident Axel Gedaschko steht fest: „Europa hat in vielen Politikfeldern die Kernkompetenz“. Die Schaffung eines eigenen Zuständigkeitsbereichs für den Wohnungsbau in der EU-Kommission sei deshalb eine gute Nachricht. Zwar ist der Wohnungsbau keine originäre Kompetenz der EU, sondern der Mitgliedstaaten. Gerade mit Blick auf die unglaubliche Dimension des Themas bezahlbarer Wohnraum in ganz Europa ist diese Art von Unterstützung auf europäischer Ebene aber sehr sinnvoll. Wichtig ist, dass sich die Tätigkeit des neuen Kommissionsmitglieds eben auf eine Unterstützung des Wohnungsbaus in den Mitgliedstaaten und den Regionen ausrichtet – und nicht neue Reglementierung bedeutet. Der EU-Abgeordnete Doneschal erwartet, dass das Thema Wohnen durch den neuen Kommissar ganzheitlicher angegangen wird.

Doch was sind die Stellschrauben für mehr bezahlbaren Wohnungsbau auf europäischer Ebene? Doneschal nennt vier zentrale Punkte: Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Bauprodukte – das würden bereits andere europäische Länder machen, eine Verfahrensvereinfachung im Beihilferecht, eine Reform der Vorschriften beim Eigenkapital, diese sind noch geprägt von der Finanzkrise und schließlich eine Revision des Vergaberechts durch die Europäische Kommission. „Wir haben zu niedrige Schwellenwerte und sollten eine mutige Reform wagen“, betont der EU-Parlamentarier.

In die Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Deutschland blickt GdW-Präsident Axel Gedaschko eher pessimistisch. Für den Wohnungsbau gibt es auf Bundesebene zwei Haushalte: Den Klima- und Transformationsfonds beim Wirtschaftsministerium und die Mittel für die soziale Wohnraumförderung des Bundesbauministeriums. Der Klima- und Transformationsfonds sei für die Zukunft bereits völlig überzeichnet. Und das Bundesbauministerium plane immer neue Jahrestranchen für die Wohnraumförderung. Inzwischen bis ins Jahr 2027. „Es wird zukünftig weniger Geld da sein“, sagte Gedaschko. Deshalb müsste die Förderung sinnvoller ausgerichtet werden. Weg von der die Gebäudeeffizienz, hin zum CO2-Verbrauch. „Förderung für zu teure Wohnungen ausgeben können wir uns nicht mehr leisten,“ sagte Gedaschko. Seine Devise lautet deshalb: Schwarzbrot statt Zuckerguss!

Hohe Erwartungen steckt vor allem die Bundespolitik in das serielle und modulare Bauen. Doch die bisher aufgerufenen Angebotspreise überzeugen den bayerischen Bauminister nicht. „Die Preise müssten noch weiter nach unten gehen“, sagte Bernreiter.

Er unterstützt die Wohnungswirtschaft bei der Forderung nach einfacheren Standards. Den Energieeffizienzhausstandard 55 (EH55) hält Berneiter beim Wohnungsneubau für ausreichend. Das sei auch die einhellige Meinung der Bauministerkonferenz. Entscheidend sei doch, was hinten rauskommt. Die CO2-Einsparung dürfe nicht auf das einzelne Gebäude betrachtet werden.

Podiumsdiskussion zur Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Bayern, Deutschland und Europa

Europa, Deutschland, Bayern – wie ist die Lage im Freistaat und was fordert die Wohnungswirtschaft Bayern? „Wir brauchen vor allem politische Verlässlichkeit von allen Seiten“, sagt BSG-Allgäu Vorständin Tanja Thalmeier. Im Moment müssten Wohnungsunternehmen beim Bau von Mietwohnungen mit 18 bis Euro Miete pro Quadratmeter kalkulieren, um eine Wirtschaftlichkeit des Projekts zu erzielen. Diese Preise könnten sich die Menschen, die bei der BSG-Allgäu leben allerdings nicht leisten. Deshalb bräuchten Wohnungsunternehmen die Förderung. Denn sonst könnten aktuell keine bezahlbaren Mietwohnungen entstehen. Thalmeier zeigte sich offen für längere Bindungsfristen: „Für uns wäre es kein Problem, wenn die Bindungsfristen erst bei 40 Jahren starten.“

In der Schlussrunde zeigten sich die Teilnehmer einig, dass mehr für das bezahlbare Wohnen getan werden muss. Auf Europäischer Ebene ist die Botschaft für den neuen EU-Kommissar, Mehr Freiheiten, weniger Regulatorik. Für die kommende Bundestagswahl wünscht sich Axel Gedaschko die Devise: Weniger ist mehr. Christian Bernreiter setzt sich für den zweijährigen Vorsitz der Bauministerkonferenz das Ziel, die Prioritäten anders zu setzen. Wir nehmen das Grundrecht wohnen ins Blickfeld und ordnen diesem alles unter. Und was macht die Vorständin einer Wohnungsgenossenschaft zuversichtlich? Das Arbeiten für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft für die Menschen macht Sinn, so Thalmeier.

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Alle Bilder: Klaus D. Wolf

Wärmewende gelingt nur gemeinsam

(Kommunale) Wohnungswirtschaft und Kommunen als natürliche Partner auf dem Weg Richtung Klimaneutralität

Deutschlandweit bieten rund 740 kommunale und öffentliche Wohnungsunternehmen in über 2,5 Mio. Wohnungen mehr als 5 Mio. Menschen ein sicheres und bezahlbares Zuhause. Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind als Einrichtungen der Kommunen eine wichtige Säule zur Erfüllung der sozialen öffentlichen Daseinsvorsorge und hierbei zentraler Akteur der Stadtentwicklung und bei der Schaffung neuen Wohnraums. Bei der Gestaltung der Wärmewende ist die (kommunale) Wohnungswirtschaft jedoch noch längst nicht überall durch die Kommunen als Partner erkannt. Das muss sich ändern, denn gemeinsam können große Synergieeffekte freigesetzt werden.

I. Wohnungswirtschaft als Schlüsselakteur für den Klimaschutz

Spätestens mit der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes im Jahr 2019 ist klar, dass der (kommunalen) Wohnungswirtschaft in den kommenden Jahrzehnten eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaziele – sowohl national als auch regional – zukommen wird. Bis zum Jahr 2030 sieht der Gesetzgeber eine Reduktion der Emissionen im Gebäudebereich von 68% gegenüber 1990 vor; nur von der Energiewirtschaft werden noch höhere Einsparungen erwartet.

Auf diesem ambitionierten Pfad hat die Wohnungswirtschaft bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Wie Daten des Umweltbundesamtes belegen, konnte bis Ende 2022 kein Sektor seine Emissionen gegenüber 1990 stärker reduzieren als der Gebäudesektor.

Diese großen Fortschritte und eine Reduktion des Ausstoßes an CO2-Äquivalent um etwa 100 Mio. Tonnen stehen in direktem Zusammenhang mit großen Modernisierungsanstrengungen der Wohnungswirtschaft. Etwa 5 Mio. der rund 12 Mio. Wohngebäude in Deutschland mit Baujahr vor 1980 finden sich in Beständen der Wohnungswirtschaft, also von Wohnungsgenossenschaften, kommunalen und öffentlichen sowie kirchlichen und weiteren gemeinnützig orientierten Wohnungsunternehmen. Von diesen 5 Mio. Wohngebäuden wurden seit 1990 über 4,2 Mio. umfassend energetisch saniert bzw. mit neuen Heizsystemen ausgestattet, wodurch die Klimabilanz der Gebäude deutlich verbessert werden konnte.

Allein in den letzten zehn Jahren wurden durch die deutsche Wohnungswirtschaft etwa 40 Mrd. Euro in die (energetische) Modernisierung von Wohngebäuden investiert.

Dank dieser Anstrengungen sind Verbrennungs- und Heizprozesse heute in Wohngebäuden und -anlagen in Deutschland noch für den Ausstoß von etwa 85 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Nicht erfasst sind in dieser Sektorbilanz allerdings Verbrennungsprozesse, die außerhalb der Wohnanlagen stattfinden – beispielsweise in Kraftwerken, die Fernwärme für Wohnungsbestände bereitstellen. Bezieht man auch diese Prozesse sowie weitere Bedarfe der privaten Haushalte wie Beleuchtung, Haushaltsvorgänge wie Kochen und Waschen und den Betrieb von Elektrogeräten mit ein, so entstanden im Jahr 2022 insgesamt etwa 200 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Etwa 73% dieser Emissionsmenge, 146 Mio. Tonnen, entfielen auf die Raumwärme.

II. Zur Bewältigung der Wärmewende braucht es neue Partnerschaften

Diese Daten zeigen: Die Wohnungswirtschaft weiß, worauf es beim Klimaschutz im Gebäudebereich ankommt, und stellt sich bereits seit Langem ihrer Verantwortung. Dabei gelang den Unternehmen in den vergangenen Jahren darüber hinaus eine beeindruckende Leistung im Zieldreieck „niedrige Mieten“ – „Wohnungsneubau“ – „Klimaschutz“. Denn trotz enormer Modernisierungsausgaben betrug die bundesweite Durchschnittsmiete bei kommunalen Wohnungsunternehmen im Dezember 2022 gerade einmal 6,44 €/m2 (nettokalt) – selbst in Bayern vermieten kommunale Wohnungsunternehmen für nur 6,95 €/m2. Darüber hinaus stellen diese Unternehmen Jahr für Jahr rund 25.000 neue bezahlbare Wohnungen fertig.

Dieser Balanceakt kann jedoch in der aktuellen Situation nicht mehr gelingen. Zum einen lassen enorme Baukostensteigerungen und hohe bürokratische Anforderungen die Kosten für den Wohnungsbau explodieren. Zum anderen kann bei der Erreichung der Klimaziele nicht länger nur auf die Gebäudemodernisierung gesetzt werden – denn hier sind die derzeit wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen bereits durchgeführt worden. Nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, der ARGE e.V. Kiel, bewegen sich die Kosten für die Einsparung jeder zukünftigen Tonne CO2-äquivalenter Emission durch eine verbesserte Gebäudeeffizienz je nach Ausgangslage zwischen 950 und 2.750 Euro. Zum Vergleich: In der Industrie werden die Kosten zur Vermeidung jeder weiteren Tonne an Emissionen auf zwischen 35 und 157 Euro geschätzt.

Für die nächsten Schritte in Richtung Klimaneutralität müssen daher neue Wege gefunden werden. Das Wichtigste ist die Kooperation mit den örtlichen Kommunen und lokalen Energieversorgern für die Gestaltung einer dezentralen und lokalen Wärmewende.

Eine solche Kooperation wird dabei nicht nur von der (kommunalen) Wohnungswirtschaft angestrebt, sondern liegt auch im ausdrücklichen Interesse der Kommunen. Die vorgestellten Zahlen zu durchschnittlichen Mieten der kommunalen Wohnungsunternehmen zeigen – es geht um die Erhaltung günstigen Wohnraums für Millionen von Menschen überall in Deutschland.

Zudem schafft eine enge Kooperation mit der Wohnungswirtschaft neue Handlungsräume für die Kommunen und entlastet sie.

III. Kommunen und Wohnungsunternehmen müssen gemeinsam handeln

Künftig werden den Kommunen überall in Deutschland verstärkt Pflichten mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele übertragen werden. Als eines der jüngsten Beispiele kann das Wärmeplanungsgesetz (WPG) gelten. Dieses verpflichtet die Länder sicherzustellen, dass je nach Gemeindegröße ab 01.07.2026 bzw. 01.07.2028 „auf ihrem Hoheitsgebiet“ Wärmepläne erstellt werden. Die Länder werden diese Verpflichtung auf die Kommunen übertragen, die sich damit in kurzer Frist mit einem enormen Erfüllungsaufwand konfrontiert sehen. Das Wärmeplanungsgesetz enthält darüber hinaus in § 7 (3) die Aufforderung, zentrale Stakeholder, genannt wird explizit auch die Wohnungswirtschaft, in den Prozess der Wärmeplanung einzubeziehen.

Darüber hinaus könnte auch das Klimaschutzgesetz Kommunen künftig stärker als Akteure in den Blick nehmen. Seit dem 01.01.2023 gilt beispielsweise in Bayern das Bayerische Klimaschutzgesetz (BayKlimaG) . Dort heißt es in Art. 3 „Vorbildfunktion des Staats“, dass der Freistaat bis 2028 verpflichtet ist, die Verwaltung klimaneutral umzubauen. Im selben Artikel heißt es weiter „Den kommunalen Gebietskörperschaften wird empfohlen, [ebenso] zu verfahren“. Ganz konkret schreibt das BayKlimaG darüber hinaus fest, dass Bayern bis 2040 klimaneutral sein soll. „Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Minderungsziele beitragen“, heißt es weiterhin.

Kommunen rücken also stärker in den gesetzgeberischen Fokus, wenn es um die Erfüllung von klimarelevanten Vorgaben geht. Ein koordiniertes Vorgehen zwischen Kommunen, lokalen Energieversorgern und Wohnungsunternehmen wird künftig immer weniger Kür und immer stärker eine Verpflichtung darstellen, damit die ambitionierten Klimaziele angesichts begrenzter Mittel erreicht werden können.

Grafik: Wahrnehmung der Wohnungswirtschaft als Partner bei der Erreichung der lokalen Klimaziele/zur Umsetzung der kommunalen Klimastrategie durch die Kommune (Quelle: Verbandsstatistik VdW Bayern)

IV. Die Wohnungswirtschaft steht als Partner für Kommunen bereit

In einer im Sommer 2023 vom Deutschen Städtetag durchgeführten Umfrage zu Hürden bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung gaben 70% der befragten Städte an, den zusätzlichen Personalbedarf als große Herausforderung bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem Wärmeplanungsgesetz zu sehen. 33% sahen auch mangelnde Daten als großes Problem an.

Die Wohnungswirtschaft befasst sich bereits seit Jahrzehnten mit der Planung und Durchführung von klimarelevanten Maßnahmen im Gebäudebereich, verfügt über einen hochprofessionellen Mitarbeiterstab und hat genaue Einblicke in die Energiebedarfe und -verbräuche ihrer Bestände. Eine engere Abstimmung mit der Wohnungswirtschaft kann daher dazu beitragen, zusätzliches Know-How und weitere Daten für kommende kommunale Planungsschritte zu generieren.
Natürlich stehen die kommunalen Wohnungsunternehmen und „ihre“ Kommunen überall in Deutschland bereits in sehr engem Kontakt.

Kommunale Vertreter und lokale Energieversorger sollten aber auch an ihre lokalen Wohnungsgenossenschaften denken. Etwa 2,1 Mio. Wohnungen in Deutschland werden durch Wohnungsgenossenschaften bezahlbar und mit Sinn für ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit vermietet. Die Genossenschaften stehen den Kommunen ebenso wie die kommunalen Wohnungsunternehmen als langfristige Partner zur Verfügung.

Oftmals stehen Kommunen trotz vieler Vorteile und deutlicher Synergieeffekte in der Kooperation mit der Wohnungswirtschaft bei der gemeinsamen Gestaltung der Wärmewende noch am Anfang. Nur in sehr wenigen Fällen gehen Kommunen aktiv auf Wohnungsunternehmen zu und suchen die Abstimmung.

Dieser Befund zeigt sich auch an den Ergebnissen einer Umfrage des VdW Bayern im Dezember 2023. Aus den Antworten von 140 bayerischen Wohnungsunternehmen geht hervor, dass vielerorts Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen durch die Kommunen noch nicht in die Prozesse der Wärmewende eingebunden wurden.

Häufig überlassen Kommunen jedoch das Feld ausschließlich den lokalen Energieversorgern, die im Austausch mit Wohnungsunternehmen die Wärmewende vorantreiben sollen. Ob die lokalen Energieversorger gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen tätig werden hängt jedoch stark von den lokalen Gegebenheiten und der Geschäftsausrichtung der Versorger ab.

Die wohnungswirtschaftlichen Verbände können nur dafür werben: Kommunen sollten die Wohnungswirtschaft als Partner in der Gestaltung der Wärmewende erkennen und schnellstmöglich den Austausch suchen. Städte und Gemeinden, die diesen Weg gehen, sichern sich nicht nur einen Vorsprung auf dem Weg Richtung Klimaneutralität, sondern erhalten gemeinsam mit lokalen Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen langfristig bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnraum.

V. Fazit

Kommunen und Wohnungsunternehmen in Deutschland müssen mit Blick auf die Wärmewende innerhalb der kommenden Jahre zum Sprint ansetzen. Die nationalen und internationalen Klimaziele sind ehrgeizig, die gesetzlichen Anforderungen und Vorgaben nehmen stark zu.

Den Kommunen ist – etwa bei der Wärmeplanung – durch den Gesetzgeber eine Handlungspflicht auferlegt, die mit beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen erfüllt werden muss. Ein Weg, die Herausforderung Wärmewende zu meistern, liegt in der Nutzung von Synergien und Partnerschaften. Wohnungsunternehmen arbeiten derzeit überall in Deutschland an ihren Klimastrategien, planen Modernisierungen und wählen zukünftige Heizenergieträger aus.

Die Wohnungswirtschaft verfügt über Daten, Know-How und kann auch als Multiplikator gegenüber Mieterinnen und Mietern auftreten. Diese Eigenschaften sollten sich Kommunen zu nutzen machen. Zur Erhaltung günstiger Mieten ist die Wohnungswirtschaft dabei auch selbst auf die enge Abstimmung mit der Verwaltung angewiesen, um in den kommenden Jahren effizient planen und modernisieren zu können.

Die Zeit für ein abgestimmtes Vorgehen und mehr Zusammenarbeit ist also gekommen. Die Vorteile einer Kooperation zwischen Wohnungswirtschaft und Kommunen liegen dabei auf der Hand – dort wo solch eine Zusammenarbeit funktioniert, trägt sie reichlich Früchte, wie die zwei nachfolgenden Praxisbeispiele bayerischer Wohnungsunternehmen, der Stadtbau GmbH Bamberg und der Münchner Wohnen GmbH, deutlich zeigen.

Autor:
Hans Maier
Verbandsdirektor
VdW Bayern

Bild: Stadtwerke Bamberg

Best Practice Bericht Münchner Wohnen GmbH
Best Practice Bericht Stadtbau GmbH Bamberg

Koordiniertes Vorgehen schafft deutliche Synergieeffekte für Stadt, Energieversorger und Wohnungswirtschaft

Best-Practice Bericht der Stadtbau GmbH Bamberg

Die Stadtbau GmbH Bamberg ist das kommunale Wohnungsunternehmen und eine 100%ige Tochter der Stadt Bamberg. Mit nahezu 4.000 Wohnungen ist sie die größte Vermieterin in der oberfränkischen Stadt. Im Eigenbestand befinden sich über 2.500 Wohnungen in etwa 370 Gebäuden. Darüber hinaus vermietet das kommunale Wohnungsunternehmen städtischen Besitz und Wohnungen im Eigentum städtischer Stiftungen.

Bis 2040 will die Stadtbau ihren Wohnungsbestand Richtung Klimaneutralität entwickeln. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war 2020 zunächst der Eintritt in das Bündnis „Initiative Wohnen 2050“ und der Beginn des Projektes „CO2-Bilanz“. Eine Analyse des gesamten Wohnungsbestandes über Baualter, energetische Standards und Energieverbrauch lieferte erste Hinweise zur Energiebilanz. Es folgte die Ausarbeitung einer Klima- und Sanierungsstrategie mit dem Ziel, den gesamten Wohnungsbestand bis 2040 ebenso klimaneutral wie sozialverträglich umzubauen.

Das erste Ergebnis der CO2-Bilanz ist relativ positiv: Mit einem Gesamtemissionswert im Jahr 2022 von 23,2 kg CO2-Äquivalent je Quadratmeter und Jahr ist der Ausstoß im Vergleich zu anderen Wohnungsgesellschaften in der Bundesrepublik vergleichsweise niedrig. Um die Klimaziele von 0 bis 12 kg CO2 äq m²a zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen der Wohngebäude in den kommenden Jahren jedoch noch deutlich reduziert werden. Die größte Herausforderung auf dem Weg zur Senkung des CO2-Ausstoßes ist insbesondere das Alter und damit der energetische Standard des Gebäudebestandes der Stadtbau. 70 Prozent der Wohnungen wurde vor 1970 errichtet. Gerade diese Gebäude haben jedoch nach einer Sanierung enormes Potenzial, zukünftig CO2 einzusparen. Daher konzentriert sich der kommunale Wohnungsanbieter zum einen auf die Dämmung der Fassaden. Der zweite Teil der Lösung bei der Bamberger Stadtbau heißt: weiterer Ausbau der Fernwärme.

Bereits seit 1982 wird die Abwärme, die im Bamberger Müllheizkraftwerk bei der Müllverbrennung entsteht, sowohl zur Eigenversorgung der Anlage als auch zur Stromerzeugung genutzt, die die Stadtwerke Bamberg in ihr Netz einspeisen. Die in Kraft-Wärme-Kopplung gewonnene Heizenergie wird in das Fernwärmenetz von Bamberg eingespeist. Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung benötigt dank der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme den mit Abstand geringsten Einsatz von Primärenergie. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) stellt Fernwärme deshalb auf eine Stufe mit erneuerbaren Energien. Das Bamberger Müllheizkraftwerk erzeugt also Fernwärme, die aktuell mit dem Primärenergiefaktor Null angerechnet wird.

38 Prozent der Wohnungen der Stadtbau haben bereits einen Fernwärmeanschluss. Vor allem diese Tatsache führt dazu, dass die Stadtbau für ihren Wohngebäudebestand bereits bei der ersten Aufstellung der CO2-Bilanz 2020 trotz des relativ schlechten energetischen Zustandes vieler älterer Bestandsbauten einen relativ niedrigen Gesamtemissionswert vorweisen kann. Inzwischen konnte der Wert auf 22,8 kg CO2-Äquivalent je Quadratmeter und Jahr weiter nach unten korrigiert werden. Diese Werte müssen in den kommenden Jahren jedoch noch weiter sinken, damit die Bamberger Stadtbau ihre selbst gesteckten Klimaziele erreichen kann. Das Ziel, darüber hinaus auch die bislang günstigen Mieten von im Durchschnitt 5,92 €/m² (2022) für einen Großteil der Stadtbau-Wohnungen niedrig zu halten, darf dabei nicht aus dem Blick verloren werden.

Die Geschäftsstrategie der Stadtbau GmbH Bamberg richtet sich entlang einer engen Zusammenarbeit zwischen Wohnungswirtschaft und örtlichem Stadtwerk aus. Das Ziel beider Akteure ist dasselbe: Eine effiziente und finanzierbare Wärmewende gestalten. Nur wenn energetische Sanierungskonzepte und die weitere Gewinnung regenerativer Energien mit dem Ausbau ökologischer Wärmenetze verzahnt wird, bleibt die zwingend notwendige Klimaneutralität der Wohnungen auch für die Mieter bezahlbar. Daher ist die wichtigste Unterstützerin für das kommunale Wohnungsunternehmen Stadtbau die Stadtwerke Bamberg Energie und Wasserversorgungs GmbH. Auch sie ist eine städtische Tochter. Die Bamberger Stadtwerke vertreiben Strom und Wärme aus dem Müllheizkraftwerk und führen den weiteren Ausbau der Netze durch.

Für beide Unternehmen bildet die Zusammenarbeit eine Win-Win-Situation. Da die Investitionen in Wärmenetze und Energiezentralen sehr kostenintensiv sind, möchten die Stadtwerke die Investitionen möglichst zielgerichtet einsetzen. Durch die Zusammenarbeit mit dem größten Wohnungsunternehmen vor Ort wissen sie, wo künftig regenerative Wärme gebraucht wird. So kann langfristig eine wirtschaftliche Lösung für alle Beteiligten entwickelt werden, auch um die Nebenkosten für die Mieter möglichst niedrig zu halten.

In Bamberg arbeiten Stadtbau und Stadtwerke bereits mehrere Jahre vertrauensvoll zusammen. Eine erste intensive Zusammenarbeit, die mit einem großen Abstimmungsbedarf verbunden war, gab es bereits 2020, mit dem Anschluss aller Stadtbau-Gebäude an das Glasfasernetz der Stadtwerke-Tochter Stadtnetz. Bei diesem Projekt konnte die Basis für eine engmaschige Kommunikation der beiden Unternehmen geschaffen werden. Über diesen Kontakt hinaus fördert der enge Austausch die Umsetzung weiterer Ideen.

Aus dem Ergebnis der Bestandsanalyse von Stadtbau-Häusern 2020/2021 konnten bereits Schlüsse gezogen werden, bei welchen Gebäuden ein Fernwärmeanschluss Sinn macht. Im Jahr 2022 unterzeichneten beide Geschäftsführer einen Kooperationsvertrag, in dem sie festschrieben, die Sanierungs- und die Netzentwicklungsplanungen für alle Gebäude der Stadtbau gemeinsam fortzuschreiben und umzusetzen. Der Ausbau der Netze der Stadtwerke und die Sanierungsstrategie der Stadtbau konnten so übereinandergelegt, synchronisiert und zeitlich koordiniert werden.

Die Stadtbau GmbH Bamberg hält es mit Blick auf die Akzeptanz für sehr wichtig, dass solche Systeme regional stattfinden. Kleinere und mittelgroße Wohnungsunternehmen müssen im Regionalen die Kräfte bündeln, um für die Menschen vor Ort etwas zu bewegen. Die Kooperation bietet weitere Vorteile: kurze Wege, eine gemeinsame Mieterkommunikation, ein gemeinsames Ziel, ein gemeinsames Bekenntnis zur Region. So können sich alle Beteiligten im Prozess mehr um die Umsetzung und weniger um formale Hürden kümmern. Einmal im Quartal trifft sich nun ein Team, an dem Mitarbeitende aus der Technik und Instandhaltung der Stadtbau ebenso beteiligt sind wie die Netzspezialisten der Stadtwerke, um die Umsetzung des Fernwärmeausbaus zu koordinieren.

Die aktuellen Planungen der Stadtbau und Stadtwerken sehen bis 2033 einen Anschluss von drei weiteren Quartieren an die Fernwärme vor. In neun Jahren würden somit weitere rund 38.000 m² Wohnfläche mit klimaneutraler Fernwärme beheizt. Allein mit diesem Schritt würden sich die CO2-Emissionen in Stadtbau-Häusern bis auf jährlich 14,1 kg CO2-Äquivalent je Quadratmeter im Jahr 2033 reduzieren.

Diese Kooperation hat sich bewährt und gut eingespielt. Das aktuelle Problem für die Stadtbau liegt inzwischen bei den Betriebskosten für die Mieterinnen und Mieter, deren Heizsystem in den vergangenen Monaten umgestellt wurde. Die Bamberger Fernwärme ist derzeit (noch) teurer als der Verbrauch von Erdgas. Den Differenzbetrag für die Bestandsmieter übernimmt bislang die Stadtbau.
Erst bei einer Neuvermietung können die Mietverträge entsprechend angepasst werden. Entscheidend für die Akzeptanz der Fernwärme ist jedoch auch und vor allem der Preis. Findet hier langfristig keine deutliche Unterscheidung statt, bleibt die Wärmewende auf der Strecke.

Auch seitens der Stadt wird hervorgehoben, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden städtischen Töchtern Stadtbau und Stadtwerke in diesem Bereich hilft, Bamberg beim Klimaschutz voranzubringen und positive Beispiele zu liefern. Oberbürgermeister Andreas Starke ist überzeugt, dass das gemeinschaftliche Vorgehen von Wohnungswirtschaft und Stadtwerken dazu beiträgt, Wertschöpfung vor Ort zu erzielen und die Zukunftsfähigkeit der Stadt nachhaltig zu sichern. Das Fazit nach zwei gemeinsamen Jahren lautet demnach: Es geht, aber es geht nur gemeinsam. Stadt, Stadtbau und Stadtwerke benötigen den gleichen visionären und uneigennützigen Blick.

Und auch Bundesbauministerin Klara Geywitz lobte die Kooperation 2022 als Musterbeispiel für eine verbindliche kommunale Wärmeplanung: „Die größte Herausforderung der Wärmewende in Deutschland sind die vielen konventionell beheizten Bestandsgebäude. Eigentümer brauchen Planungssicherheit, wie sie die Stadtbau Bamberg gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg auf freiwilliger Basis schafft. Damit ist der Kooperationsvertrag ein Musterbeispiel für eine verbindliche kommunale Wärmeplanung.“

Autor:
Veit Bergmann
Geschäftsführer
Stadtbau GmbH Bamberg

Bildunterschrift: Wärmeversorgung im Bamberger Konversionsquartier Lagarde: Heizenergie wird mittels 20.000 Quadratmetern Erdkollektoren und 55 Erdsonden aus der Abwasserwärme tausender Bamberger Haushalte sowie mit Photovoltaikanlagen auf den Gebäudedächern gewonnen. Foto: Stadtwerke Bamberg

Koordiniertes Vorgehen in der Wärmewende sichert niedrige Mieten in München

Best-Practice Bericht der Münchner Wohnen GmbH

Rund 1.200 Mitarbeitende, circa 70.000 eigene Wohnungen mit etwa 150.000 Mietenden und ungefähr 1.000 Gewerbeeinheiten – das ist die Münchner Wohnen in Zahlen. Für alle Mitarbeitenden der Münchner Wohnen steht die Sicherstellung von gutem, sicherem und bezahlbarem Wohnen in München im Mittelpunkt ihrer täglichen Arbeit.

Am 01.01.2024 entstand die Münchner Wohnen aus dem Zusammenschluss von GEWOFAG und GWG München und bildet nun ein noch leistungsfähigeres Unternehmen. Bereits im Vorfeld arbeiteten beide Gesellschaften eng zusammen, um sich für die Erreichung von Klimaschutzzielen und deren praktische Umsetzung zu engagieren.

Heute vereint die Münchner Wohnen die gebündelte Kompetenz von zwei großen engagierten städtischen Wohnungsgesellschaften. Vom Sozialmanagement über energieeffizienten Wohnungsbau bis hin zur umfassenden Betreuung der Mietenden und der Unterstützung sowie Beratung von Immobilienbesitzer:innen durch eine eigene Eigentumsverwaltung. Münchner Wohnen steht nicht nur mit ihrem Namen für Wohnen in München, sondern auch mit viel Herz und Leidenschaft.

Als Tochterunternehmen der Landeshauptstadt München setzt die Münchner Wohnen die Ziele, Vorgaben und Wünsche der Stadt auf dem Weg zur Klimaneutralität um. Das 2021 gegründete Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) koordiniert federführend die stadtweite Wärmeplanung und übernimmt eine führende Rolle in Fragen des Klimaschutzes, der Klimaanpassung, des Umwelt- und Naturschutzes und der Nachhaltigkeit.

Ein besonderer Fokus liegt auf einer Fernwärmeversorgung für München und der umliegenden Gemeinden, die dank Geothermie bis 2040 zu 100% klimaneutral werden soll. Die Stadtwerke München und die Stadt München haben durch den Transformationsplan zur Dekarbonisierung Münchens und die Veröffentlichung des Wärmeplans im Mai 2024 aufgezeigt, welche Bereiche der Landeshauptstadt bis zu welchem Jahr an die Fernwärme angeschlossen werden können und welche Bereiche durch andere Wärmeversorgungen abgesichert werden sollen.

Die Grenzen der Fernwärmeversorgungsgebiete wurden in enger Abstimmung zwischen den Stadtwerken und der Münchner Wohnen festgelegt, sodass größere Quartiere der Münchner Wohnen, die in den Randgebieten des Wärmeplans lagen, mit einbezogen wurden. Durch eine frühe Abstimmung zwischen allen städtischen Referaten und Unternehmen sowie ein Commitment der Münchner Wohnen zur Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und der Abnahme von Fernwärme, konnten die Stadtwerke frühzeitig mit großen Wärmeabnahmemengen planen und ihre Gebiete dementsprechend auslegen.

Ein Beispiel ist das Gebiet Hasenbergl im Münchner Norden, das derzeit überwiegend mit Erdgas versorgt wird. Ursprünglich war hier keine Fernwärmeversorgung vorgesehen. Durch intensiven Austausch und mehrere Planungsschritte zwischen der Münchner Wohnen und den Stadtwerken München wird im Hasenbergl ab 2027 Fernwärme verlegt. Ziel ist es, sämtliche Wohneinheiten der Münchner Wohnen an die Fernwärme anzuschließen und Kapazitäten für viele weitere Häuser in der Region bereitzuhalten. Die geplante Anschlussleistung beträgt 20 Megawatt, aufgeteilt auf 77 Anschlusspunkte bzw. Heizzentralen.

Mehrere Bereiche der Stadtwerke München arbeiten eng mit der Münchner Wohnen zusammen. Kooperationspartner sind hier die Bereiche alternative Wärmeversorgung sowie Photovoltaik. Im Bereich Photovoltaik wird bereits großflächig an der Umsetzung unterschiedlicher Gebiete gearbeitet. Die ersten großen Projekte tragen Früchte im Münchner Harthof, wo bis Ende Oktober 2024 gemeinschaftlich knapp zwei Megawattpeak installiert werden, oder in der Züricher Straße. Viele Photovoltaik-Module sind bereits auf den Dächern installiert, während derzeit noch die Infrastruktur in den Kellerräumen und der Netzanschluss umgesetzt werden. Weitere Bauabschnitte folgen.

Der Bereich Großwärmepumpen arbeitet ebenfalls in mehreren Gebieten mit der Münchner Wohnen zusammen. Beispielsweise versorgt eine alternative Wärmequelle ein Gebiet in Ramersdorf übergangsweise, bevor die Fernwärmeleitungen verlegt und die modernisierten Quartiere angeschlossen werden. Dies spart enorme Kosten für die Münchner Wohnen und vermeidet die Installation einer kurzlebigen Wärmeversorgung, die nur wenige Jahre in Betrieb wäre. Ein weiteres Beispiel befindet sich in der Münchner Au, wo zwei Quartiere auf eine mögliche Versorgung durch Grundwasserwärmepumpen untersucht werden. Beide Quartiere umfassen etwa 200 Wohneinheiten. Sollten die Probebohrungen Mitte 2024 bestätigen, dass das Grundwasser ergiebig genug ist, können diese Projekte bis Ende 2024 umgesetzt werden.

Neben der Zusammenarbeit mit den Stadtwerken strebt die Münchner Wohnen auch eine engere Kooperation mit anderen Energiedienstleistern an, um die Wärmewende zu erreichen. Die Zielsetzungen zur Klimaneutralität und Sanierungsquote der Landeshauptstadt München sind ambitioniert und die Kapazitäten sowohl bei den Stadtwerken als auch bei der Münchner Wohnen begrenzt, weswegen eine Zusammenarbeit mit anderen Energieversorgern nützlich ist. Hier konzipiert man aktuell Vergabemodalitäten, sodass ab 2025 erste Projekte ausgeschrieben und umgesetzt werden können. Einzelne Heizzentralen werden bereits durch Contracting betrieben, in den geplanten Ausschreibungen geht es jedoch um die Erschließung kompletter Quartiere. Der Fokus liegt auf der Wärmeversorgung, es sind jedoch auch Kombinationen aus Wärme- und Stromversorgung sowie Modernisierungsmaßnahmen geplant.

Der angestrebte Energiemix der Münchner Wohnen spiegelt den der Landeshauptstadt München wider. Der größte Teil soll durch klimaneutrale Fernwärme versorgt werden, während ein erheblicher Teil durch Wärmepumpen abgedeckt werden muss, und zwar in den Bereichen, in denen die Fernwärme nicht ausgebaut wird. Gründe für die Begrenzung des Fernwärmeausbaus sind topografische Barrieren und das limitierte geothermische Potenzial im tiefen Untergrund. Trotz reicher Vorkommen reicht dieses nicht aus, um die ganze Stadt mit geothermal erzeugter Fernwärme zu versorgen, selbst bei massiv reduzierten Verbräuchen durch energetische Maßnahmen. Auch das kontinuierliche Wachstum der Stadt bringt weitere Verbraucher:innen hinzu. Neben der Tiefengeothermie gibt es in München Stadtbereiche, die für oberflächennahe Geothermie und damit für Sole-Wärmepumpen geeignet sind. Fernwärmegebiete und für oberflächennahe Geothermie geeignete Gebiete ergänzen sich perfekt. Nahezu das gesamte Stadtgebiet kann einer der beiden Kategorien zugeordnet werden.

Die Beheizung des Gebäudebestands der Münchner Wohnen soll künftig zu rund 75% über Fernwärme erfolgen. Genaue Werte stehen jedoch erst fest, sobald die Wärmeplanung finalisiert ist und die letzten Quartiere konkret mit den Stadtwerken auf Fernwärme überprüft wurden. Durch die hohe Feinstaubbelastung Münchens sind Biomasse-Heizzentralen, wie zum Beispiel Holzpellets, nicht möglich, was die Wärmeversorgung größtenteils auf Wärmepumpen unterschiedlichster Art und Fernwärme limitiert. Wärmepumpen können durch Erdwärme, Umgebungsluft oder Grundwasser versorgt werden, je nach Lage der Immobilie bzw. des Quartiers, ob Neubau, Grundmodernisierung oder Altbau und insbesondere abhängig vom zur Verfügung stehenden Platz. Auch Emissionsschutz (Lärm) muss berücksichtigt werden.

Die Herausforderungen sind vielfältig. Die Verbräuche der Immobilienbestände müssen durch geeignete und effiziente Maßnahmen möglichst schnell und erheblich reduziert werden, damit die zur Verfügung stehenden alternativen Energien ausreichen. Es fehlen weiterhin ausreichende und vor allem langfristige Erfahrungen zum Betrieb unterschiedlichster Wärmepumpenszenarien, auch hinsichtlich der Langlebigkeit und des notwendigen Erneuerungszyklus. Viele schwierige räumliche und bauliche Situationen erfordern noch die Identifikation zielführender technischer Lösungen. Zudem bleibt unklar, wie die finanziellen Belastungen für die Wohnungsbaugesellschaften, die Mieterinnen und Mieter, aber auch für die Stadt und den Staat dauerhaft tragbar gestaltet werden können.

Für die Münchner Wohnen sind insbesondere Themen wie Mietenstopp, Deckelung der Modernisierungsumlage, Vorgaben zur Warmmietenneutralität (z.B. bei Umstellung auf Fernwärme-Contracting), Volatilität von Fördermitteln etc. dauerhaft zu lösen.

Nur gemeinsam können die Aufgaben bewältigt werden. Die enge Kooperation zwischen der Landeshauptstadt München, den Stadtwerken München und der Münchner Wohnen verbessert die Kommunikation und das gemeinsame Verständnis, fördert neue Lösungen, schafft schlankere und effizientere Umsetzungsprozesse, ermöglicht die Initiierung gemeinsamer Pilotprojekte, die Formulierung realistischer Ziele und die Priorisierung von Anschlussobjekten nach tatsächlichen Notwendigkeiten.

Autorin:
Dr. Doris Zoller
Vorsitzende der Geschäftsführung
Münchner Wohnen GmbH

Bildunterschrift: Photovoltaikausbau bei der Münchner Wohnen in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München (SWM). Auf den Dächern von zehn Wohngebäuden in der Züricher Straße werden 3.256 Solarmodule verbaut. Foto: Münchner Wohnen / Boris Storz

Wohnungswirtschaft München: Stadtteilspaziergang im Hasenbergl

Die eigene Stadt besser kennenlernen – unter diesem Motto hatte die VMW zu einem Stadtteilspaziergang ins Hasenbergl eingeladen. 25 Personen, von 14 Mitgliedsunternehmen und zwei Vertreterinnen des Stadtplanungsamtes haben sich am Freitagnachmittag, den 21.6.2024, an der U-Bahnhaltestelle Hasenbergl getroffen. In einem großen Bogen ist die Route nördlich bis zur Wintersteinstraße, über den Goldschmidplatz wieder nach Süden bis zum Stadtteilzentrum mira an der U-Bahn Dülferstraße gegangen.

Das Gelände des heutigen Hasenbergl diente ab dem 18. Jhd. der kurfürstlichen Hasenjagd, ab Anfang des 20. Jhd. wurde es für militärische Zwecke genutzt.
Nach dem 2. Weltkrieg, in Zeiten großer Wohnungsnot, fiel 1960 vom Münchner Stadtrat die Entscheidung hier Wohnungen für damals 18.000 Personen zu schaffen.

Die neue Großwohnsiedlung sollte „modern, großzügig und grün“ sein, nach den aktuellen Erkenntnissen des Städtebaus der gegliederten und aufgelockerten Stadt – im Gegensatz zur „steinernen Stadt“ in den Innenstädten.

Freistehende Zeilenbauten und Punkthäuser auf großzügigen Frei- und Grünflächen und eine Auto-gerechte Planung bestimmten das Bild.
Architekten für diese neuen Wohngebiete waren u. a. Ernst Maria Lang, Helmut von Werz, Christoph Ottow und Ernst Böllemann.

Sieben gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, darunter die Neue Heimat, Südhausbau, GWG München und das Evangelische Siedlungswerk in Bayern, errichteten Sozial- und Eigentumswohnungen für die einkommensschwache Bevölkerung.

Bald jedoch zeichnete sich ein Mangel an wichtigen Infrastruktureinrichtungen, wie Schulen, Kirchen, Gewerbe oder Verkehrsanbindung ab, die großzügigen Freiflächen waren noch ohne gute Aufenthaltsqualitäten gestaltet. Gleichzeitig alterte die Bevölkerung.

Ab Mitte der 80-er Jahre konnte man die infrastrukturellen Defizite, zunehmende Leerstände und damit einhergehende Stigmatisierung des Stadtteils nicht mehr übersehen:

Die Stadt reagierte: im Jahr 1989 beauftragte sie ein städtebauliches Entwicklungskonzept. Im Jahr 1993 fiel der Stadtratsbeschluss zum Sanierungsgebiet nach § 142 Baugesetzbuch. Es wurden Städtebauförderprogramme aus Bund und Land abgerufen und der bestehende Bebauungsplan 536 in Teilbebauungspläne umgewandelt.

So konnten folgende Aspekte als Sanierungszeile formuliert werden:

  • Schaffung von zusätzlichem, dringend benötigtem, preisgünstigem Wohnraum
  • Verbesserung und Nachrüstung der infrastrukturellen Erschließung
  • Schaffung von Arbeitsplätzen oder Beschäftigungsangeboten
  • Nutzung von Pkw-Stellplätzen (versiegelten Flächen) als Flächen für Nachverdichtung
  • Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes und des Freiflächenangebots
  • Optimierung der Fuß- und Radwegebeziehungen
  • und der vorhandenen Grünstrukturen durch Vernetzung der einzelnen Grünflächen
  • Bessere Anbindung an das überörtliche Grün
  • Nutzbarmachung des „Abstandsflächengrün“ für die Wohnbevölkerung
  • Erhaltung und Erweiterung der bestehenden Nahversorgung

Bis ins Jahr 2011 wurden die Programme der „Sozialen Stadt“ geplant und umgesetzt. Einige Projekte aus dieser Zeit und auch neue Entwicklungen haben wir auf unserer Tour kennengelernt.

Von der Münchner Wohnen GmbH haben uns Stefanie Noack, Ole Beißwenger und Susanne Kraus unter anderem diese Projekte vorgestellt:

  • Ganz aktuell: eine städtebauliche Ergänzung an der Itttlinger Straße: 80 öffentlich geförderte Wohnungen, mit TG und Mobilitätshub
  • Schon länger in Betrieb: eine PKW-Garage, die auch als Rodelhügel dient, dazu große Flächen in den Freianlagen, die nutzer:innen-orientiert umgestaltet und aufgewertet wurden.
  • Die “Wohnbanane“ an der Aschenbrennerstraße mit 80 Wohnungen, die als erstes Gebäude die städtebauliche Struktur der Hsenbergl-Gründerzeit verlässt.
  • 4 Wohnhäuser im WAL- Programm (Wohnen für alle) aus dem Jahr 2018
  •  und eine große oberirdische Parkgarage an der Stösserstraße.

Peter Schmidt, ehemaliger Vorstand der WOGENO eG, hat lebendig und anschaulich aus seiner Jungend im damals noch jungen Stadtviertel berichtet.

Im Stadtteilcafé der Diakonie haben wir bei Kaffee und Kuchen mehr zur sozialen Arbeit für Jung und Alt der Diakonie im Viertel erfahren.

Beeindruckend ist der weite Goldschmiedplatz am Rande der „Panzerwiese“ mit seinen vielen Funktionen und dem industriellen Charme der alten Trambahnwendeschleife, der Linie 8.

Entlang der Achse Schleißheimer Straße, mit Blick auf die Frauenkirche, wurde der Spaziergang am Dülferanger beendet und die Teilnehmer:innen konnten die vielen neuen Eindrücke bei einer Brotzeit in der Bäckerei am Platz diskutieren.

ESW baut 101 geförderte Mietwohnungen im neuen Nürnberger Stadtteil

Betonfest in Lichtenreuth: ESW baut 101 geförderte Mietwohnungen im neuen Nürnberger Stadtteil

Gemeinsam mit dem Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König, Stadtdekan Dr. Jürgen Körnlein und zahlreichen Projektbeteiligten haben die Geschäftsführer der ESW-Unternehmensgruppe Gerda Peter und Michael Soukup mit dem sogenannten Betonfest einen Meilenstein für das neue Bauprojekt des ESW in Lichtenreuth gefeiert. Unter dem Namen LUMEN Lichtenreuth baut das evangelische Wohnungsunternehmen dort bis Ende 2025 101 einkommensorientiert geförderte Mietwohnungen für Menschen mit kleinem und mittlerem Geldbeutel.

Anders als das gängige Sprichwort ist der Name hier allerdings nicht Programm, sondern greift eine alte Tradition auf. „Der Name unseres Festes ist nicht als Bekenntnis zu verstehen, dass wir jetzt ausschließlich mit Beton bauen. Trotz allem ist Beton ein geeigneter Baustoff, um gute Fundamente zu schaffen. Und wir greifen mit dem Betonfest auf eine Tradition zurück. Denn es war lange Zeit üblich, solche Meilensteine gemeinsam mit den Bauschaffenden zu feiern“, erklärte ESW-Geschäftsführerin Gerda Peter. Für Oberbürgermeister König war dieses Fest trotzdem ein Novum: „Ein Betonfest hatte ich noch nicht. Damit unterstreicht das ESW das Einmalige, für das auch das ESW selbst steht. Beton steht für Stabilität und Stabilität brauchen wir besonders beim Wohnungsbau. Und dafür steht auch das ESW als verlässliche Stütze des bezahlbaren Wohnungsbaus in Nürnberg.“

Um dieses bezahlbare Wohnen in Lichtenreuth langfristig zu sichern, hat sich das ESW erstmals zu einer 55-jährigen Belegungsbindung verpflichtet. Insbesondere vor dem Hintergrund der schlechten Nachrichten aus der Branche setzt das sozial orientierte Wohnungsunternehmen damit ein wichtiges Signal, dass es mit dem Wohnungsbau weitergeht, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass hier gebaut wird – es ist etwas Besonderes“, betonte ESWGeschäftsführer Michael Soukup, und Gerda Peter ergänzte: „An einem neuen Stadtbaustein mitzuwirken, mit einem Wohnungsmix für alle Generationen und verbindungsstiftenden Angeboten, ist für das ESW schon allein aus seinem Selbstverständnis heraus eine Verpflichtung.“ Insgesamt sollen in dem neuen Stadtteil Nürnberg-Lichtenreuth einmal rund 6000 Menschen wohnen.

„Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Und wir wollen eine gute Durchmischung in den Stadtteilen, denn das trägt auch zum sozialen Frieden einer Kommune bei“, betonte der Oberbürgermeister. Vor allem bezahlbarer Wohnraum für Familien sei dringend gefragt. Dafür ist das Projekt des ESW in Lichtenreuth ein gutes Beispiel. Über 40 Prozent der Wohnungen verfügen über vier und mehr Zimmer, alle 101 Mietwohnungen sind komplett barrierefrei. Auch über die Entwicklungszeit des Projekts zeigte sich der Oberbürgermeister sehr zufrieden. So vergingen von der Genehmigung des Bauantrags im September 2022 bis zum Betonfest gerade einmal 14 Monate.

Zusammen mit der zweiten Fläche auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofs an der Brunecker Straße und seinen weiteren Projekten leistet das ESW einen wichtigen Beitrag für bezahlbares Wohnen – und das in einer Phase, in der das zu einer großen Herausforderung geworden ist. Allein in Nürnberg sind bis Ende 2027 insgesamt rund 770 Mietwohnungen mit einem Investitionsvolumen von rund 235 Millionen Euro geplant. Rund zwei Drittel der Wohnungen werden als geförderter Wohnungsbau realisiert. Mehrere dieser Projekte sind bereits im Bau, so zum Beispiel in der Webersgasse, in der Hinteren Marktstraße und in der Sündersbühlstraße.

„Das ESW profitiert jetzt von seinem seit Jahren aktiv betriebenen Portfoliomanagement, hinter dem auch unser Gesellschafter, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bayern, zu 100 Prozent steht“, erklärt ESW-Geschäftsführer Michael Soukup. „So haben wir während der Niedrigzinsphase gute Grundstücke an attraktiven Standorten erwerben können.“ Deren Beplanung und Bebauung erfolge grundsätzlich für die langfristige Bewirtschaftung im Eigenbestand. Bis Ende 2025 sollen die Baumaßnahmen des ESW in Lichtenreuth abgeschlossen sein. „Wir freuen uns, dass wir dann bei hoffentlich weiterhin ungestörtem Bauablauf und mit dem gezeigten Teamgeist den Wohnraum den künftigen Bewohnerinnen zur Verfügung stellen können“, sagte ESW-Geschäftsführerin Gerda Peter abschließend.

Spatenstich für Deutschlands höchstes Mietwohnhaus in Holz-Hybrid-Bauweise

Premiere: Spatenstich für Deutschlands höchstes Mietwohnhaus in Holz-Hybrid-Bauweise

Im Oktober 2022 hat die WBG Fürth das erste serielle Holz-Hybrid-Haus in Fürth auf der Hardhöhe fertig gestellt. Daraufhin folgte im April 2023 der Baubeginn für zwei weitere Mehrfamilienhäuser in Fürth-Stadeln und nun eine weitere Premiere: Der Spatenstich für das erste 8-geschossige Holz-Hybrid-Mehrfamilienhaus mit Mietwohnraum in Deutschland. Die WBG Fürth ist sehr stolz, eine weitere Vorreiterrolle einnehmen zu können. Bei allen Projekten handelt es sich um geförderten und somit günstigen Mietwohnraum.

Aufgrund der positiven Erfahrungen aus dem ersten Projekt mit serieller Holz-Hybrid-Bauweise stellt sich die WBG Fürth einer neuen Herausforderung und baut in der Komotauer Straße das erste 8-geschossige Holz-Hybrid-Mehrfamilienhaus mit Mietwohnraum in Deutschland. In Bayern ist es sogar der erste 8-Geschosser in dieser Bauweise überhaupt. Die einzigen vergleichbaren Gebäude in Deutschland befinden sich in Heilbronn und Berlin (Gewerbe) sowie in Hamburg (Eigentumswohnungen), wobei bei diesen Projekten das Erdgeschoss vollständig in Stahlbetonbauweise ausgeführt wurde.

Weniger Flächenverbrauch bei mehr Wohnraum

Ziel des Projektes ist es, möglichst viel Wohnraum ohne Flächenverbrauch zu schaffen. Daher: In die Höhe bauen und Flächen entsiegeln. Das Grundstück war vorher mit Altbestand bebaut. Diese Wohnungen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen an Wohnraum und auch die Möglichkeit in Hinblick an die Anzahl der Wohneinheiten war nicht ausgeschöpft. Das Gebäude umfasste 8 Wohneinheiten. Eine Sanierung war weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll.

Dieses Beispiel zeigt, dass auch ein Umdenken erfolgen muss. „Hochhäuser“ sind meist negativ behaftet, bringen aber vor allem den Vorteil mit sich, dass viel Wohnraum bei wenig Flächenverbrauch und somit eine geringere Versiegelung entsteht. Zudem kann bei einem Ersatzneubau meist auf umfangreiche Baumfällungen verzichtet werden, was einen positiver Nebeneffekt darstellt. Ein Umdenken kann nach Meinung nach der WBG Fürth nur mit einer attraktiven Gestaltung des Gebäudes erfolgen. Der Neubau in der Komotauer Straße wird eine Vollholzvorhangfassade erhalten und wirkt auch mit den ansprechenden Balkonanlagen mit VSG-Verglasung modern und ansprechend.

Nachhaltiger als gefordert

Für die Maßnahme wurden Zuschüsse des Freistaates Bayern, in Form des Programms „Wohnungspakt Bayern“ in Anspruch genommen. Hier erhalten Investoren einen Zuschuss. Das Objekt wird mit einer Belegungsbindung von mindestens 40 Jahren festgeschrieben, sodass die Wohnungen nur an einen bestimmten Personenkreis vermietet werden können. Die Mietenden erhalten zudem einen Mietzuschuss in Form der Einkommensorientierten Förderung „EOF“. Neben der Grundförderung hat die WBG Fürth einen weiteren Nachhaltigkeitszuschuss erhalten, da über die ohnehin bestehenden kommunalen Vorgaben hinaus, weitere Nachhaltigkeitsaspekte erfüllt werden: – Klimaanpassungsmaßnahmen: Auslegung der Haustechnik auf regenerative Energie und Errichtung einer Photovoltaikanlage mit Mieterstrommodell. – Dachbegrünung aller Dächer inkl. Nebengebäude und Versickerung des Niederschlagswasser auf dem Grundstück. – Einsatz nachwachsender Rohstoffe durch die Holz-Hybrid-Bauweise – Soziokulturelle Maßnahmen: Qualitätsvolle Aufenthaltsfläche für die Gemeinschaft in den Freianlagen.

Warum Holz-Hybrid-Bauweise?

Zum einen ist die schnellere Bauzeit ein gutes Argument für die Holz-Hybrid-Bauweise, denn pro Geschoss werden nur 5 Werktage Bauzeit für den Rohbau benötigt. Bei der WBG Fürth wird der gesamte Rohbau vor dem Jahreswechsel fertig gestellt sein. Insgesamt wird mit einer Bauzeit von 13 Monaten gerechnet. Möglich wird dies durch den hohen Vorfertigungsgrad.