BGH-Entscheidung zur Unwirksamkeit von sog. Zustimmungsfiktionen bei Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 27. April 2021 entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fingieren.

Im konkreten Fall hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände geklagt. Die beklagte Bank verwendet in ihrem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Klauseln enthalten, die im Wesentlichen Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken entsprechen. Danach werden Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung weißt ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hin. Der Kunde hat die Möglichkeit der Kündigung.

Nach Auffassung des BGH halten diese Klauseln, die so auszulegen sind, dass sie sämtliche im Rahmen der Geschäftsverbindung geschlossenen Verträge betreffen, der AGB-Kontrolle nicht Stand und sind insoweit unwirksam. Die in der Klausel enthaltene Zustimmungsfiktion betreffe nicht nur Anpassungen von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels einer fingierten Zustimmung des Kunden, sondern sie betreffe ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkungen jede vertragliche Änderungsvereinbarung.

Damit weicht sie, so der BGH, von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen ab, indem sie das Schweigen des Kunden als Annahme eines Vertragsänderungsantrags qualifiziert. Diese Abweichung benachteilige die Kunden unangemessen nach § 307 BGB.

Nach Ansicht des BGH ist für so weitreichende, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ein entsprechender Änderungsvertrag notwendig.

Wenngleich bisher nur die zur BGH-Entscheidung veröffentlichte Pressemitteilung vorliegt, gehen wir davon aus, dass diese Entscheidung auch auf den Sparverkehr der Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung zu übertragen ist. Dies gilt namentlich für die erst kürzlich zugunsten der Sparer angepasste Zustimmungsfiktion in XV der Mustersparordnung. Diese Zustimmungsfiktion gilt für jeden Anlass einer Änderung der Mustersparordnung und betrifft alle Sparverträge. Insoweit gehen wir, vorbehaltlich des Bekanntwerdens der einzelnen Entscheidungsgründe, davon aus, dass diese Zustimmungsfiktion in der Mustersparordnung nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Wir möchten Sie daher vorsorglich bitten, sich in der Praxis vorerst nicht mehr auf diese Zustimmungsfiktion zu berufen, sondern wenn nötig eine Änderungsvereinbarung mit den jeweiligen Sparern zu treffen.

Sobald das Urteil in Gänze mit seinen Entscheidungsgründen veröffentlicht ist, wird sich der GdW Fachausschuss Recht damit beschäftigen und, sollte sich die Übertragbarkeit der vorliegenden BGH-Entscheidung auf die Mustersparordnung bestätigen, ein Muster für entsprechende Änderungsvereinbarungen erarbeiten. Es wird dann auch die Frage zu klären sein, ob die Genossenschaft ggf. einen Anspruch gegen den Sparer auf Zustimmung hat und welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn der Sparer die Zustimmung verweigert.

Bis dahin kann es ggf. sinnvoll sein, nicht zwingend notwendige Änderungen der jeweiligen Sparordnung vorerst zurückzustellen.

Kürzung der Modernisierungskosten bei modernisierender Erneuerung funktionsfähiger, aber abgenutzter Bauteile und Einrichtungen

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in Düsseldorf. Die Beklagten sind Vermieter dieser Wohnung. Mit Schreiben vom 30. Mai 2015 kündigten die Beklagten der Klägerin verschiedene bauliche Veränderungen und eine Erhöhung der Miete nach Abschluss der Arbeiten an. Die Baumaßnahmen wurden im Jahr 2016 ausgeführt. Diese umfassten unter anderem die Umstellung der Heizungsanlage von einer Beheizung mittels Gastherme auf Fernwärme, die Erneuerung der etwa 60 Jahre alten Eingangstür zur Wohnung der Klägerin, der ebenso alten Treppenhausfenster und Haustüren (Haupt- und Nebeneingang) nebst Briefkastenanlage, die Neuverlegung von elektrischen Leitungen samt Erneuerung der Hausbeleuchtung einschließlich des erstmaligen Einbaus von Bewegungsmeldern sowie einer Gegensprechanlage, den Austausch der Fenster in der Wohnung der Klägerin und die erstmalige Wärmedämmung des Dachs, der Fassade sowie der Kellerdecke. Für keinen der ausgetauschten/erneuerten Bauteile bestand eine fällige Instandsetzungsnotwendigkeit.

Nach Abschluss der Arbeiten erklärten die Beklagten die Erhöhung der Miete gemäß § 559 BGB orientiert an den aufgewendeten Kosten ohne Abzug für fiktive Instandsetzung für Bauteile, die im Zuge der Modernisierung ausgetauscht werden mussten oder zweckmäßigerweise ausgetauscht wurden oder sonst vom Ergebnis her instandgesetzt wurden. Die Klägerin ist der Ansicht, die Mieterhöhung sei der Höhe nach wegen fehlenden Instandsetzungsanteils unberechtigt. Nach einer stattgebenden Entscheidung des Amtsgerichts und einer entgegengesetzten Entscheidung des Berufungsgerichts entschied der BGH hierzu (BGH Urteil vom 17.6.2020, Az. VIII ZR 81/19).

Nach dessen Ansicht durften die für den Austausch der etwa 60 Jahre alten Bauteile (Haus- und Wohnungseingangstüren, Treppenhausfenster, Briefkastenanlage) aufgewendeten Kosten nicht ungekürzt – das heißt ohne Abzug eines Instandhaltungsanteils – auf die Klägerin umgelegt werden, auch wenn die ausgetauschten Teile noch keine Defekt aufgewiesen haben und keine Erhaltungsmaßnahmen fällig waren.

Erfüllt eine bauliche Veränderung die Kriterien sowohl einer Modernisierungsmaßnahme als auch einer Erhaltungsmaßnahme (sogenannte modernisierende Instandsetzung), hat der Vermieter dem Grunde nach Anspruch auf eine Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB, bei der Ermittlung der Höhe der umlagefähigen Kosten hat er aber nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB – es genügt eine Schätzung – seit Einführung dieser Vorschrift stets eine entsprechende Kürzung vorzunehmen. Da die einzelnen Bauteile eines Mietobjekts laufend altern und je nach ihrer (durchschnittlichen) Lebensdauer in bestimmten Zeitabständen vom Vermieter zu erneuern sind, ist nach der nunmehrigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein bislang bereits aus dem Schadensersatzrecht bekannter „Abzug alt für neu“ erforderlich.

Hinweis:

Der BGH äußert sich in diesem Urteil auch noch zu anderen Fragen, insbesondere dazu, welche der vorliegenden baulichen Maßnahmen überhaupt als Modernisierungsmaßnahmen zu werten sind. Nachdem diese Fragen nicht von grundsätzlicher Natur sind, gehen wir hierauf nicht näher ein. Zusätzlich hat der BGH problematisiert, dass eine Modernisierungsmieterhöhung, die auf mehrere tatsächlich trennbare und in einer einheitlichen Erhöhungserklärung gesondert ausgewiesenen Maßnahmen gestützt wird, nicht dadurch nichtig i.S.d. §139 BGB wird, dass sie im Hinblick auf einzelne Maßnahmen unzureichend begründet oder erläutert und deshalb gemäß § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB insoweit unwirksam ist. Der BGH wertet Mieterhöhungserklärungen gemäß § 559b Abs. 1 BGB als „einseitiges Rechtsgeschäft“. Ist ein Teil eines Rechtsgeschäftes nichtig, so führt dies nur dann zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäftes, wenn dieses „unteilbar“ ist. Hier hätten abtrennbare einzelne Modernisierungsmaßnahmen aber ein selbständiges Rechtsgeschäft gebildet. Hätte die Vermieterin gewusst, dass ihre Mieterhöhungserklärung teilweise nichtig ist, so hätte sie mutmaßlich den verbliebenen Rest zur Mieterhöhung heranziehen wollen. Dieser Teil der Mieterhöhungserklärung bleibt daher wirksam.

Anmerkungen:

Der Gesetzgeber senkte mit der Fassung des § 559 BGB vom 18.12.2018 den Umlagesatz von elf auf acht Prozent der für eine Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten. Bis zum vorliegenden BGH-Urteil war es herrschende Meinung, dass fiktive, zukünftig erst fällig werdende Instandsetzungskosten nicht von den aufgewendeten Kosten abzuziehen sind. Dieses Urteil bedeutet für alle die Fälle, bei welchen der Vermieter bestehende Gebäudebestandteile modernisiert, durch den Abzug fiktiver Reparaturkosten faktisch eine weitere Senkung des Umlagesatzes.

Es kommt hierbei nur auf das Alter des ausgetauschten Teiles an, egal wie gut der Zustand noch ist. Beispiel: eine Heizungsanlage hat eine Lebensdauer (gemäß Liste) von vielleicht 30 Jahren und ist 20 Jahre alt. Der Vermieter baut eine neue bessere Heizung ein, dann erspart er sich fiktiv Instandsetzungskosten für die bisherige Heizungsanlage. Er muss nach BGH den jetzigen Preis für eine Heizungsanlage der bisherigen Art ermitteln (die es voraussichtlich schon längst nicht mehr gibt), davon zwei Drittel (=abgelaufene Lebensdauer) nehmen und diesen Betrag von den Kosten der neuen Heizung abziehen.

Baut der Vermieter hingegen erstmals an der Kellerdecke eine Dämmung ein, so handelt es sich um etwas Neues, hier ist kein Abzug erforderlich.

Problematisch wiederum dürfte die erstmalige Anbringung eines Wärmeschutzes auf einer Fassade sein. Hier erspart sich der Vermieter die laufende Instandsetzung der Fassade und muss den ersparten Aufwand ermitteln und aus den Modernisierungskosten heraus rechnen.

Hochwasser Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – die Wohnungswirtschaft hilft

In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben die Unwetter der vergangenen Woche große Zerstörung hinterlassen. Flüsse traten über die Ufer, haben Dörfer, ganze Stadtteile und Straßen unter Wasser gesetzt. Die verheerenden Überflutungen und der stundenlange Starkregen haben viele Menschenleben gefordert, zahlreiche Menschen werden immer noch vermisst. Häuser stürzten von jetzt auf gleich ein, tausende Wohnungen wurden verwüstet.

Angesichts dieser Katastrophe will die Wohnungswirtschaft in Deutschland helfen. Schon jetzt stellen die Mitglieder des VdW Rheinland-Westfalen den betroffenen Wohnungsunternehmen freie Wohnungen oder sonstige Unterkünfte für all diejenigen zur Verfügung, die in dieser Not erst einmal ein Dach über dem Kopf benötigen. Gleichzeitig wird materielle und personelle Unterstützung mobilisiert, wo sie vor Ort nötig ist.

Um die von der Hochwasser-Katastrophe betroffenen Menschen zu unterstützen, hat der VdW Rheinland-Westfalen eine Spendenaktion auf der Plattform betterplace.org eingerichtet.
Spendenlink: https://share.vdw-rw.de/diewohnungswirtschafthilft

Die gesammelten Mittel werden dem Bündnis deutscher Hilfsorganisationen – Aktion Deutschland Hilft – zur Verfügung gestellt. So sind wir sicher, dass unsere Hilfe dort ankommt, wo sie jetzt am nötigsten ist. Transparenz ist den Initiatoren sehr wichtig – die Gesamtsumme der eingegangenen Spendenbeträge werden in Echtzeit auf der Spendenplattform angezeigt.

Online-Seminar! MaBV! Buchführung in der Wohnungswirtschaft – Grundlagenseminar (2-tägig) am 26. Juli

Ziel dieses 2-tägigen Seminars ist die praxisnahe Vermittlung der Grundlagen wohnungswirtschaftlicher Buchführung, dargestellt an den wichtigsten Geschäftsvorfällen in allen branchenüblichen Geschäftsfeldern.

Im Einzelnen werden behandelt:

Einführung in das Rechnungswesen, Inventar und Bilanz, System der doppelten Buchführung, Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft, Jahresabschluss sowie die betrieblichen Leistungen der Wohnungsunternehmen.

  • Vermietung
  • Erwerb und Bebauung von Grundstücken des Anlagevermögens/Modernisierung
  • Erwerb und Bebauung von Grundstücken des Umlaufvermögens/Verkaufsmaßnahmen
  • Dauerfinanzierungsmittel
  • Abschreibungen
  • Rückstellungen
  • Zeitliche Abgrenzung der Jahresabrechnung
  • Rücklagen

Das Seminar gilt als Weiterbildung im Sinne von §15 der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Sie erhalten einen entsprechenden Nachweis auf Ihrer Teilnahmebestätigung über die jeweiligen Stunden.

Referent:
Dipl.-BW (FH) Martin Unterrainer, LL.M., MRICS, WP, StB, Stv. Leiter Geschäftsbereich Wirtschaftsprüfung des VdW Bayern

Gebühren:
600,00 € für VdW-Mitglieder
700,00 € für Nichtmitglieder

Zielgruppe:
Anfänger im Rechnungswesen

Information & Anmeldung:
https://www.vdwbayern.de/kalender/online-seminar-mabv-buchfuehrung-in-der-wohnungswirtschaft-grundlagenseminar-2-taegig/

 

Novelle des Klimaschutzgesetzes vom Bundestag beschlossen

Der Bundestag hat am 24.06.2021 mit den Stimmen der Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes verabschiedet (wir berichteten, vdw aktuell 11/2021). Mit dem Gesetz wird das Ziel der Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2045 vorgezogen. Der Weg dahin wird mit verbindlichen Zielen für die 20er und 30er Jahre festgelegt. Das Zwischenziel für 2030 wird von derzeit 55 auf 65 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht. Für 2040 gilt ein neues Zwischenziel von 88 Prozent Minderung.

Die Klimaschutzanstrengungen sollen so bis 2045 fairer zwischen den jetzigen und künftigen Generationen verteilt werden. Dazu hatte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung Ende April aufgefordert.

Die Bundesregierung hat am 23.06.2021 im Rahmen des Haushalts 2022 ein Klimaschutz-Investitionsprogramm beschlossen, das erste Weichenstellungen für die Umsetzung des neuen Ziels vornimmt. Dabei steht auch der Gebäudesektor im Mittelpunkt. Das Programm sieht rund 5,5 Milliarden Euro für energieeffizientere Gebäude vor. Zusätzliche Mittel fließen unter anderem in die Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG). Das beschlossene Klima-Programm ist Teil des Bundeshaushalts 2022, der in der kommenden Legislaturperiode beschlossen werden soll. Wir werden nach der Bundestagswahl über die weitere Entwicklung informieren.

Wohnraummietrecht: Mietspiegelreformgesetz (MsRG) verabschiedet – Mietspiegel und deren Aussagekraft zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Über die geplante Reform der Mietspiegel und deren Erstellung hatten wir in den letzten Monaten schon mehrfach berichtet. Nach dem ursprünglichen Zeitplan hätte das Mietspiegelreformgesetz schon im Mai 2021 in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden sollen. Nun hat es ca. zwei Wochen länger gedauert, und das Gesetzesvorhaben hat den Schluss der gesetzgeberischen Arbeitsphase des Bundestags vor der Sommerpause und der sich anschließenden Bundestagswahl im Herbst gerade noch abgepasst.

Die Verzögerung hat sich gelohnt, da in der Schlussphase durch die Arbeit des GdW mit dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz einige für die Wohnungswirtschaft nachteilige Aspekte aus der Gesetzesvorlage wieder entfernt werden konnten. Eine ganz neue Regelung besteht darin, dass künftig Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern zur Erstellung eines Mietspiegels verpflichtet sein werden. Um die Inhalte der Mietspiegel nicht zu verwässern, bleibt es nun doch dabei, dass die wissenschaftlichen Grundsätze, die bei der Mietspiegelerstellung zu Anwendung kommen, „anerkannt“ sein müssen. Die Möglichkeit der Begründung eines Mieterhöhungsverlangens im Rahmen der Vergleichsmietenerhöhung mit Vergleichswohnungen bleibt ebenfalls bestehen. Der Bindungszeitraum des Mietspiegels bleibt bei zwei Jahren, und wird nicht auf drei Jahre verlängert. Der Stichtagszuschlag bleibt ebenfalls.

Wir werden in einem eigens hierzu konzipierten Online-Seminar am 13.07.2021 die Einzelheiten zum Mietspiegelreformgesetz erläutern und auch die Bedeutung des Begriffs der ortsüblichen Vergleichsmiete untersuchen. Die künftige Bedeutung des Mietspiegels im Mietprozess wird ebenfalls ein lohnenswertes Thema sein.

Gerade im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl ist im Rahmen der politischen Wahlkampfäußerungen sehr deutlich zu beobachten, dass die Möglichkeiten einer Begrenzung der Miethöhe in Form von „Mietendeckelungen“ sehr stark im Gespräch sind. Wir werden in diesem Zusammenhang auch auf die schon bestehenden Mietenbeschränkungen in Form der Mietpreisbremse, Kappungsgrenze und der neueren Beschränkungen der Modernisierungsumlage eingehen. Was haben wir hier noch zu erwarten? Hinzu kommt ein abrundender Überblick zu wesentlichen neuen BGH-Entscheidungen, sowie weiteren hochaktuellen mietrechtlichen Entwicklungen.

Genossenschaftsrecht: Versammlungen (GV/VV) in Zeiten der Pandemie – Wahlen zum Aufsichtsrat im schriftlichen Verfahren

Die pandemiebedingten Einschränkungen von persönlichen Kontakten und Versammlungen, die uns nun schon weit über ein Jahr hinweg begleiten, stellen insbesondere die Wohnungsgenossenschaften vor ganz erhebliche Hürden und Herausforderungen. Die Rechtsform einer „eG“ ist stark geprägt von der Struktur eines Vereins. Das bedeutet, dass ihr „Gesellschafter-“ oder „Eigentümer“-Kreis, wie in einer Vereinsversammlung üblich, zahlenmäßig oftmals recht groß ist. Es kommen also sehr viele Menschen zusammen, will man eine Versammlung (GV/VV) in klassischer Weise, durch Zusammenkunft in einem geschlossenen Veranstaltungsraum, abhalten. Glücklicherweise hatte der Bundes-Gesetzgeber im März des Jahres 2020 zahlreiche alternative Möglichkeiten einer Versammlungsdurchführung jenseits einer Präsenzveranstaltung aufgezeigt. Über den Umstand, dass an diesen gesetzlichen Hilfestellungen viel Kritik geübt wurde, hatten wir ausführlich berichtet.

Kulminiert ist diese unschöne (und aus unserer Sicht auch unberechtigte) Tendenz durch mehrere gerichtliche Entscheidungen, die im Rahmen von Registereintragungen entstanden waren (OLG Naumburg vom 10.11.2020, OLG Karlsruhe vom 26.03.2021, OLG Jena vom 27.05.2021; da in Registerangelegenheiten die „weitere Beschwerde-Instanz“ das OLG ist, handelt es sich um OLG-Entscheidungen, allerdings im Wege eines Beschlusses, und nicht eines Urteils). Der Bundesgesetzgeber nimmt aus diesem Grund, insbesondere auf Initiative des Bundesverbands GdW und der in ihm zusammengeschlossenen regionalen Verbände, eine gesetzliche Klarstellung zu der an seiner Hilfestellung geübten Kritik vor. Über den aktuellen Stand hatten wir berichtet. Umso erfreulicher ist es, dass nun ein Urteil des LG Bayreuth vorliegt, das sich mit zentralen Fragen der am COVMG des Bundes geübten Kritik beschäftigt, und dieser letztlich den Boden entzieht. Das Urteil ist durch eine unserer Mitgliedsgenossenschaften erstritten worden.

Im entschiedenen Fall ging es schwerpunktmäßig um die Feststellung der Nichtigkeit einer Wahl zum Aufsichtsrat. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Vertreterversammlung war in einem schriftlichen Verfahren mit vorgeschalteter virtueller Diskussionsphase durchgeführt worden. Ein Mitglied des Aufsichtsrats machte die Nichtigkeit der Wahl vor dem LG Bayreuth gerichtlich geltend.

Das LG Bayreuth wies die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Aufsichtsratswahl in vollem Umfang ab (LG Bayreuth vom 16.06.2021 (Az. 2 HK O 42/20). Hierzu stellte das LG Bayreuth weiter im Wesentlichen fest:

1.
Der Vorstand habe ein gesetzliches Recht, eine Vertreterversammlung einzuberufen. Hierbei sei es unbeachtlich, dass nach der geltenden Satzung „für den Regelfall“ einer Einberufung der Vertreterversammlung der Vorsitzende des Aufsichtsrats zur Einberufung bestimmt ist.

2.
Der Vorstand könne von seinem Einberufungsrecht auch dann Gebrauch machen, wenn er im Fall eines zweigliedrigen Vorstands nur noch aus einer einzigen Person besteht (im Fall war das andere Vorstandsmitglied vorher zurückgetreten). Das verbleibende Vorstandsmitglied hat in einer solchen Fallgestaltung Vertretungsmacht für und gegen die Genossenschaft, und zwar auch dann, wenn die Satzung das Zusammenwirken beider Vorstandsmitglieder für eine wirksame Vertretung der Genossenschaft nach außen voraussetzt. Grundlage dieser Abweichung vom Normalfall ist das „Covid-Maßnahmengesetz“ (COVMG) vom März 2020. Hiernach ist eine zahlenmäßige Unterbesetzung der Organe für zulässig erklärt worden. Und hieraus folgt mittelbar auch die Alleinvertretungsmacht des verbleibenden Vorstandsmitglieds (dies war dem Bundes-Gesetzgeber so selbstverständlich, dass er eine ausdrückliche Regelung für überflüssig hielt und auch im nunmehr verabschiedeten klarstellenden Gesetz nicht darauf eingegangen ist).

3.
Ein „gesonderter Beschluss“ des allein verbliebenen Vorstandsmitglieds sei im Rahmen der Einberufung nicht erforderlich. Dieser sei in Form des „einseitigen Willensentschlusses“ in der Tatsache der Einberufung der Vertreterversammlung vielmehr schon enthalten gewesen.

4.
Die Organstellung eines Vorstandsmitglieds sei von dem Anstellungsvertrag zu trennen. Eine Amtsniederlegung wirke sofort und sei (anders als der Ausspruch einer Kündigung des Vertragsverhältnisses) an keine Frist gebunden. Eine Amtsniederlegung sei auch ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes wirksam. Die Verlängerung der Amtszeiten durch das COVMG stehe einer Amtsniederlegung nicht entgegen. Die Verlängerung der Amtszeit beträfe nur das Ablaufen der „regulären“ Amtszeit, übrigens auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

5.
Die Bezeichnung der gesamten Vorgehensweise im schriftlichen Verfahren mit „virtuellen Vertreterversammlung im schriftlichen Umlaufverfahren“ begründe keine Nichtigkeit. Dieser Begriff sei schon deshalb „nicht vollkommen irreführend“, da im Vorfeld ein virtuelles Vertreterportal mit Informationen für die Vertreter im Internet eingerichtet wurde. Es sei, so das Gericht, den Vertretern mit dem Einladungsschreiben mitgeteilt worden, dass alle Vertreter über die eingegangenen Fragen und Antworten mit E-Mail auf der Website im Vertreterbereich informiert werden und auch darüber berichtet werde, ob in der Genossenschaft Anträge und Vorschläge für die Wahl zum Aufsichtsrat eingegangen seien. Zudem sei alleine die Bezeichnung, selbst wenn sie inkorrekt wäre, nicht geeignet, die Nichtigkeit des gefassten Beschlusses zu begründen.

6.
Trotz aller Streitigkeiten über die Reichweite des COVMG und der neueren Möglichkeit im Genossenschaftsgesetz (§ 43 Abs.7), eine schriftliche Beschlussfassung per Satzungsgrundlage auch außerhalb von Pandemie-Zeiten zu ermöglichen, sei im COVMG ausdrücklich eine „schriftliche Beschlussfassung“ vorgesehen. Diesem Umstand sei zu entnehmen, dass die schriftliche Beschlussfassung als solche möglich ist, aber auch, dass diese unabhängig von einer Vertreterversammlung erfolgen könne.

7.
Die Niederschrift über den Verlauf einer Vertreterversammlung und die dort gefundenen Ergebnisse erfülle eine Beweisfunktion. Ihr komme aber keine Bedeutung für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen zu, anders als die zwingend erforderliche „Verkündung“ der Beschluss- und Abstimmungsergebnisse, die vorliegend aber erfolgt sei.

Anmerkung
Das – bislang noch nicht rechtskräftige – Urteil des LG Bayreuth bringt zu einigen Streitpunkten eine erfreuliche Klarheit mit sich, die nun für ein zumindest höheres Maß an Rechtssicherheit sorgen wird.

Das Gericht bestätigt auch unsere grundlegende Sichtweise und Bewertung des COVMG, sowie der anderen Rechtsgrundsätze, die seit jeher zu General- und Vertreterversammlungen entwickelt worden waren und daher die Leitlinien unserer Beratung darstellen. Dass die von Teilen der Fachliteratur und durch die genannten Oberlandesgerichte am COVMG geübte Kritik aus der hier vertretenen Sicht schlechterdings nicht nachvollziehbar ist, soll ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung an dieser Stelle nur noch zur Abrundung erwähnt werden.

Mieterhöhung nach § 558: Gericht kann trotz Mietspiegel Sachverständigengutachten einholen – Der richtige Zeitpunkt zur Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in Berlin. Mit Schreiben vom 20.07.2017 forderte die Klägerin die Beklagten unter Hinweis auf den Berliner Mietspiegel von 2017 auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1. Oktober 2017 um 66,86 Euro zuzustimmen. Die Beklagten stimmten der Mieterhöhung nicht zu.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen unter Heranziehung des Berliner Mietspiegel 2017. Auf die Berufung hin hat das Landgericht der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete stattgegeben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten (=Mieter) die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Der BGH entschied, dass mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der geltend gemachten Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB nicht bejaht werden kann (BGH vom 28.4.2021, Az. VIII ZR 22/20). Es ist zwar nach Ansicht des BGH nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete auf der Grundlage des seinerseits eingeholten Sachverständigengutachtens anstatt unter der – hier ebenfalls in Betracht kommenden – Heranziehung des Berliner Mietspiegels 2017 bestimmt hat. Die Gerichte sind grundsätzlich auch dann berechtigt, zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein von der beweisbelasteten Partei (= i.d.R. der Vermieter) angebotenes Sachverständigengutachten einzuholen, wenn ein Mietspiegel vorliegt, der tabellarisch Mietspannen ausweist und zusätzlich eine Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung enthält. Das Berufungsgericht durfte ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete einholen, ohne zuvor die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt zu haben, ob der Berliner Mietspiegel 2017 nach Maßgabe des § 558d Abs. 1 BGB als qualifizierter Mietspiegel anzusehen sei und deshalb die gesetzliche Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB (Mietspiegelentgelte = ortsübliche Vergleichsmiete), auf die sich die Beklagten berufen haben, zum Tragen komme.

Fehlerhaft war aber, dass das Berufungsgericht für den für die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete maßgeblichen Stichtag auf den Zeitpunkt abgestellt hat, ab dem die Beklagten die erhöhte Miete gegebenenfalls schuldeten (1. Oktober 2017), anstatt auf denjenigen, an dem den Beklagten das Mieterhöhungsverlangen vom 20. Juli 2017 zugegangen ist. Der BGH konnte daher nicht beurteilen, ob die von der Klägerin ab dem 1. Oktober 2017 verlangte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt und verwies die Sache zurück.

Vermieter sollten daher in jedem Fall den richten Zeitpunkt – nämlich den des Zugangs des Mieterhöhungsschreibens – dokumentieren und im Falle einer Klage benennen.

GdW-Rundschreiben zur Zulässigkeit von Generalversammlungen im schriftlichen (Umlauf-)Verfahren

Nach einer Entscheidung des OLG Jena werden schriftliche Umlaufverfahren als nicht zulässig angesehen. Die Konferenz der Prüfungsdirektoren sowie der GdW-Fachausschuss Recht sind ungeachtet dessen der Meinung, dass die bisher durchgeführten Mitglieder- oder Vertreterversammlungen im schriftlichen (Umlauf-) Verfahren, jedenfalls dann, wenn die seitens des GdW zusammen mit den Regionalverbänden erarbeitete Vorgehensweise beachtet wurde, als wirksam anzusehen und auch weiterhin zulässig sind.

Ein ausführliches GdW-Rundschreiben zum Thema Umlaufverfahren finden Sie hier

Online-Seminar „Zeitmanagement zwischen Büro und Homeoffice“ am 06.07.2021

Viele Mitarbeiter und Führungskräfte sind heute sowohl im Büro als auch im Homeoffice aktiv und fragen sich häufig, wie Sie sich optimal organisieren können, um die sich daraus ergebenden Herausforderungen zu meistern. Mal sind es die Kinder oder das eigene soziale Umfeld, welches das „Home“ nicht wirklich „Office“ sein lässt. Andererseits benötigt man auch im Homeoffice ungestörte Zeiten, um sich zu fokussieren und zu konzentrieren, wofür die Kollegen oder der Chef im Büro nicht unbedingt Verständnis haben. Hinzu kommen unklare Erwartungen und schon ist Stress und Streit vorprogrammiert.

Die Anwesenheit im Büro wird dann ebenfalls häufig als „24-Stunden-Sprechstunde“ missverstanden und es ist schwierig zu erklären, warum man jetzt trotzdem nicht für alle verfügbar ist. Und natürlich sind immer die Unterlagen, die man unbedingt benötigt nicht da, wo man sie braucht!

Lernen Sie einen souveränen und entspannten Umgang mit den Herausforderungen des mobilen Arbeitens und erfahren Sie von unserem Referenten Marcus Schmidt wie Sie ganz persönlich davon profitieren können.

Das Seminar richtet sich an Mitarbeiter, Sachbearbeiter, Projektleiter oder Führungskräfte, die Ihre Organisation und Ihr Zeitmanagement für verschiedene Arbeitsstätten optimieren möchten.

Unter folgendem Link können Sie sich für das Online-Seminar anmelden:
https://www.vdwbayern.de/kalender/online-seminar-neu-zeitmanagement-zwischen-buero-und-homeoffice/